Ein Stadtspaziergang der besonderen Art durch Hamburg: Ein neues Buch dokumentiert, wo Heinz Erhardt oder Hans Albers lebten.

Hamburg. In einem kleinen, schlichten Haus lebt vermutlich ein bodenständiger und bescheidener Mensch. Hinter einer aufwendig verzierten Fassade mit dem repräsentativen Balkon dagegen muss jemand wohnen, dem seine Außenwirkung wichtig ist. Und eine Lage mitten im Stadtkern? Da braucht jemand viel Trubel und Leute um sich herum.

Wie und wo jemand wohnt, sagt eine Menge über diesen Menschen aus. Deswegen ist es empfehlenswert, um einen Menschen möglichst gut zu erfassen, einen Blick auf dessen Wohnstätte zu werfen. Die Autorin Christiane Kruse hat dies nun in ihrem Buch "Wer lebte wo in Hamburg" getan. Fast 60 Wohnungen, Einfamilienhäuser und Villen bereits verstorbener Prominenter hat sie ausfindig gemacht. Im Buch sind die genauen Adressen angegeben, sodass jeder selbst einmal die geschichtsträchtigen Orte besuchen kann. Das Abendblatt hat fünf Beispiele herausgesucht.

Hans Albers, Lange Reihe 71

Auch wenn er von der Reeperbahn nachts um halb eins sang, seine Wurzeln hat Schauspieler Hans Albers in einem ganz anderen Stadtteil. Er beginnt auch mit "St.": St. Georg. Hier wuchs Albers in den 1890er-Jahren in einem Gründerzeithaus nur wenige Gehminuten von der Alster entfernt auf. Alster statt Elbe also. Eigentlich sollte er Kaufmann werden. Doch der Drang zur Bühne war größer: Als er während seiner Ausbildung in Frankfurt/Main arbeitete, startete er fernab von Hamburg auch seine Schauspielkarriere. Erst 1913 kam er wieder in die Hansestadt, um im Altonaer Schiller-Theater und Thalia-Theater aufzutreten. Aber seine Rückkehr in die Heimat war zeitlich begrenzt. Sesshaft wollte er hier nicht mehr werden. Er lebte in Berlin und am Starnberger See. Wenn er allerdings beruflich in Hamburg war, wie etwa für Außendreharbeiten zu dem Film "Auf der Reeperbahn nach um halb eins", wohnte er im Nobelhotel Atlantic an der Alster - unweit seines Elternhauses.

Gustav Mahler, Bundesstraße 10

Der bedeutende österreichische Komponist Gustav Mahler hatte auch eine sehr enge Bindung zu Hamburg. Insgesamt sechs Jahre lebte Mahler Ende des 19. Jahrhunderts in der Hansestadt. In dieser relativ kurzen Zeit, in der er als Kapellmeister wirkte, zog er gleich fünfmal um: von der Fröbelstraße 14 in die Parkallee 12, danach in die Bismarckstraße 18 und dort weiter in die Hausnummer 87. Sein letztes Domizil in Hamburg lag schließlich in der Bundesstraße 10. Aber nur das Backsteinhaus aus der Gründerzeit in der Bundesstraße ist heute noch erhalten. Mahler kam im April 1891 in den Norden, um als Erster Kapellmeister am Hamburger Stadttheater zu arbeiten. Obwohl ihm wegen seines enormen Arbeitspensums nur wenig Zeit zum Komponieren blieb, schrieb Mahler in dieser Zeit einige seiner bekanntesten Werke wie die Sinfonie Nr. 3 und die "Auferstehungssinfonie" Nr. 2 in c-Moll.

Ida Ehre, Hallerstaße 74

Eigentlich wollte sie nach Chile auswandern, aber dann landete Ida Ehre in Hamburg - und aus einem Zufall wurde Liebe. Die in Mähren geborene jüdische Schauspielerin befand sich 1939 auf einem Auswandererschiff nach Südamerika, das wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs umkehren musste und in Hamburg anlegte. Mit viel Glück überstand sie die Zeit des Nationalsozialismus und beteiligte sich ab 1945 besonders am kulturellen Wiederaufbau. Im Dezember 1945 eröffnete sie die Kammerspiele in der Hartungstraße. Dem Haus blieb sie als Intendantin, Regisseurin und Schauspielerin treu, bis zu ihrem Tod 1989. Das Theater wurde zu ihrer Lebensaufgabe. Entsprechend wählte Ida Ehre als Wohnort auch eine Wohnung in der Hallerstraße - nur wenige Gehminuten von den Kammerspielen entfernt.

Evelyn Hamann, Nonnenstieg 26

Ein bisschen war es ihre Festung. Die Schauspielerin Evelyn Hamann legte großen Wert auf ihre Privatsphäre und lebte eher zurückgezogen in der Dachgeschosswohnung eines Hauses in Harvestehude. Die gebürtige Hamburgerin entstammte einer Musikerfamilie - die Mutter Sängerin, der Vater Geiger und Konzertmeister des NDR-Sinfonieorchesters. Hamann studierte an der Hamburger Schauspielschule und trat unter anderem am Thalia-Theater auf. Bekannt wurde sie aber als Frau an der Seite von Loriot. Egal ob als Fräulein Hildegard, Frau Hoppenstedt oder Renate Dinkel - Hamann überzeugte mit ihrem hanseatisch-kühlen Humor. Dieser gefiel auch Vicco von Bülow, alias Loriot, so gut, dass er die schlanke Brünette als Sketchpartnerin wählte. Dabei hatte er eine füllige Blondine gesucht.

Heinz Erhardt, Fasanenhain 9

Bei ihm passen Rolle und reale Person zusammen. Komiker Heinz Erhardt begeisterte sein Publikum als kleiner Mann von nebenan, mit dem sich viele Deutsche identifizieren konnten. Er begegnete den kleinen und großen Katastrophen des Alltags leicht unbeholfen wirkend mit einem Wortwitz, der bei genauerer Betrachtung ungemein tiefsinnig war. Er spielte in seinen insgesamt 39 Filmen Durchschnittstypen wie den besorgten Familienvater oder den überforderten Witwer. Und auch privat gab er sich als Teil seines Publikums - ohne Starallüren und Skandale. So lebte er auch am Stadtrand von Hamburg in Wellingsbüttel ein idyllisches gutbürgerliches Leben. Mit seiner Frau, seinen drei Töchtern und einem Sohn wohnte er seit 1948 in einem kleinen, bescheidenen Backsteinhaus mit Garten. So wie der Durchschnitt eben.

Das Buch "Wer lebte wo in Hamburg" von Christiane Kruse ist im Stürtz-Verlag erschienen. Es kostet 7,95 Euro. Die ISBN-Nummer lautet 978-3-8003-1669-1.