Islamisches Warenhaus in Harburg geplant. Politiker vermuten Verstoß gegen Antidiskriminierungsgesetz. Fall für den Verfassungsschutz?

Harburg. 152 429 Männer und Frauen leben in Harburg, 23 664 von ihnen mit Migrationshintergrund. Multikulti ist allgegenwärtig im Stadtteil: Es gibt Afro-Friseur-Shops, türkischstämmige Gemüsehändler, indische Lebensmittelläden - und demnächst wohl Hamburgs erstes islamisches Einkaufszentrum. "Hier eröffnet das Firdaus-Center", heißt es auf einem Plakat an einer bislang leer stehenden Ladenzeile am Krummholzberg, einer kleinen Straße in der Harburger City. Im Schaufenster hängt ein schwarzes Stoffbanner mit weißem Aufdruck: "Allah ist der einzige Gott, und Mohammed ist sein Prophet", heißt es dort in arabischen Lettern.

Gesucht werden islamische Unternehmen, auch ein Gastronomiebetrieb auf 163 Quadratmeter Fläche könne sich ansiedeln. Nähere Informationen zum Konzept findet man im Internet - bei Noura A., einer Versandhändlerin, die sich auf streng religiöse muslimische Kundschaft spezialisiert hat und offenbar als Vermieterin für das Firdaus-Center auftritt. In ihrem Mumin Shop - als Mumin werden Muslime bezeichnet, die besonders gläubig sind - erhalten Frauen unter anderem Kleidung, die den Körper vollständig bedeckt. Weiterhin wird auf der Internetseite der Muslimin gefordert: "Zögert nicht, die Dawa in Hamburg voranzubringen." Dawa, das bedeutet islamische Mission. Auch für das geplante Harburger Kaufhaus wird auf der Homepage geworben, man freue sich über jeden "Interessenten, gerne aber mit muslimischem Glauben". Das heißt: Christliche Händler sind offenbar nicht erwünscht.

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Citymanager Matthias Heckmann, der sich vorgenommen hat, die vom Trading Down Effekt - dem schleichenden Niedergang der Einkaufsstraßen durch Leerstand und Ansiedlung von Ein-Euro-Shops - betroffene Harburger Innenstadt aufzumöbeln, ist nicht begeistert vom religiös ausgerichteten Shoppingkonzept. "Das ist nicht das, was ich mir für die City wünsche. Ich kann mir denken, dass das Angebot viele Harburger ausschließt."

Die Politik ist alarmiert. "Ich halte dieses Konzept für bedenklich. Wenn dort nur Muslime einkaufen und beschäftigt werden, ist dies ein Verstoß gegen Antidiskriminierungsgesetze", sagt CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer. Derartige Läden "fördern die Bildung einer Parallelgesellschaft". In Harburg wolle man aber weltoffen sein. Und gerade deshalb habe man in dem Bezirk südlich der Elbe so viel für ein gutes Miteinander getan. So lobt der Bezirk einen Integrationspreis aus und hat vor einigen Wochen ein Integrationskonzept vorgelegt.

Auch die SPD, die die Mehrheit in der Harburger Bezirksversammlung stellt, sieht das islamische Kaufhaus kritisch. "Das ist für mich eine Form der Abgrenzung, die da betrieben werden könnte", sagt Fraktionschef Jürgen Heimath. Die SPD will mithilfe einer Anfrage an die Verwaltung klären, ob die Vermietung an ausschließlich islamische Unternehmen in Einklang mit der Rechtsordnung stehe.

Im Bezirksamt sieht man offensichtlich kaum eine Möglichkeit, das Islam-Center zu verhindern: "Wir haben die Information, dass am Krummholzberg jemand ein Textilunternehmen eröffnen will. Das ist nicht genehmigungspflichtig", sagt der neue Bezirksamtsleiter Thomas Völsch. Dass es sich bei dem islamischen Kaufhaus möglicherweise um mehr als einen Kleiderbasar handele, sei ihm bekannt. "Wir wissen, was auf dem Plakat im Schaufenster steht."

Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Katajun Amirpur, die stellvertretende Leiterin der Akademie der Weltreligionen an der Universität Hamburg, hält das islamische Einkaufszentrum für nicht unproblematisch. "Es ist klar, dass das nicht zur Integration beiträgt." Es sei allerdings unklar, ob sich nicht etwa die Betreiberin ausgegrenzt fühle und aus diesem Grund ein derartiges Projekt vorantreibe. Falls ausschließlich Muslime als Mitarbeiter eingestellt würden, müsse das Antidiskriminierungsgesetz greifen. Ob das Einkaufszentrum ein Sicherheitsrisiko ist, versucht nun der Verfassungsschutz herauszufinden. Dessen Leiter Manfred Murck bestätigte dem Abendblatt, von dem Vorhaben zu wissen. Es müsse geprüft werden, ob es Anhaltspunkte für extremistische Aktivitäten gebe.

Die Vermieterin der Ladenzeile war für das Abendblatt nicht erreichbar.