Widerstand gegen Finanztransaktionssteuer wird ihr nicht wieder auf die Beine helfen

Die Idee des US-Ökonomen James Tobin, Finanztransaktionen mit einer Steuer zu belegen, ist 40 Jahre alt. Damit sollen wilde Wetten auf Währungsschwankungen eingedämmt werden. Wechselkurse würden mehr den realwirtschaftlichen Gegebenheiten als dem Streben nach kurzfristigen Spekulationsgewinnen folgen. Nebenbei winken für die Staatskassen auch noch ein paar Zusatzeinnahmen. Lange Zeit galt das als Traum für Linke, Sozialromantiker und notorische Weltverbesserer. Die Branche wehrte sich, und die Regierenden winkten ab.

Seit 2008 aber müssen Banken und nun auch die europäische Gemeinschaftswährung gerettet werden, weil die Zockerei im globalen Finanzkasino außer Rand und Band geraten ist. Plötzlich hat Tobins alte Idee neue Freunde gewonnen. Und Freundinnen - bis hinein ins Kanzleramt. Das hat gute Gründe: Die Verursacher der Finanzkrise an den Kosten für deren Behebung zu beteiligen ist derzeit ausgesprochen populär. Die Tobin-Steuer würde gewiss nicht alle Probleme lösen, wäre aber ein nicht unwichtiger Baustein für eine bessere Regulierung der Finanzmärkte. Und Zusatzeinnahmen können angesichts des Schuldenstandes und noch kommender Aufgaben bei der Euro-Rettung gar nicht genug sprudeln.

Als Retter der Marktfreiheit und Verteidiger der Finanzbranche wirft sich in Deutschland nur noch die FDP heldenhaft in den Weg. Mit der ganzen Kraft ihrer beiden Prozente an Wählerzustimmung, die sie noch hat, mit dem Mut der Verzweiflung angesichts des drohenden eigenen Untergangs - und ausgerüstet mit ein paar schwachen Argumenten. Würde die Steuer nicht global eingeführt, käme es zu Wettbewerbsverzerrungen und zur Flucht der Geldinstitute nach London oder nach Übersee, tönt es aus dem Hause Rösler. Außerdem würden die Banken die Mehrkosten einfach an ihre Kunden weiterreichen.

Letzteres mag sein. Allerdings würde das Geld dann wenigstens in die Gemeinschaftskasse und nicht umgehend wieder in undurchsichtige Derivate fließen. Im Übrigen ließe sich die Steuer auch so ausgestalten, dass ihr nicht so leicht zu entkommen wäre. Nämlich dadurch, dass die an Transaktionen beteiligten Akteure zur Kasse gebeten werden - unabhängig davon, wo das Geschäft abgeschlossen wird. Selbst An- und Verkäufe, die eine deutsche oder andere europäische Bank dann an der Wall Street, in London oder auf den Cayman Islands abschließt, wären in der Heimat steuerpflichtig. Ein entsprechender Vorschlag des EU-Steuerkommissars Algiras Semetas liegt vor.

Natürlich wäre es besser, alle Staaten würden sich auf die Steuer einigen, wenigstens alle EU-Staaten. Aber auch die Euro-Gruppe allein könnte vorangehen. Denn wenn man auf alle warten will, kann das bekanntlich bis zum Sanktnimmerleinstag dauern. Und wenn sie erst einmal funktioniert, könnten selbst Briten und Amerikaner an der Steuer Gefallen finden. Denn deren Kassen sind mindestens genauso leer wie die der Euro-Länder.

Nun ist die Kanzlerin weniger radikal und risikofreudig als ihre Parteifreundin Kramp-Karrenbauer, die die saarländischen Liberalen wegen erwiesener Regierungsunfähigkeit kurzerhand an die Luft gesetzt hat. Angesichts der gewaltigen Anstrengungen, die zur Euro-Rettung noch notwendig sind, und der tragenden Rolle, die dabei allseits von Deutschland erwartet wird, käme ein Koalitionsbruch in Berlin jetzt auch zur Unzeit. Aber die Schonung des immer kleiner werdenden Koalitionspartners wird ihre Grenzen haben. An der FDP jedenfalls wird eine Finanztransaktionssteuer, auch wenn sie nur für die Euro-Zone kommen sollte, am Ende nicht scheitern. Da dürften sich die Liberalen gründlich verspekuliert und auf das falsche Thema für ihre Wiederbelebung gesetzt haben.