Das Abendblatt baut ein großes Boot, das einem Papierschiffchen nachempfunden ist. Es ist im Jahr der Aktionen nur einer von vielen Höhepunkten

Altona. "Damit Hamburg noch schöner wird, wollen wir ein Schiff bauen - als Symbol für die kreative Hafenmetropole", hat Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider bei seiner Neujahrsansprache gesagt. Direkt vor den Augen der mehr als 1000 Gäste beim Neujahrsempfang im Cruise Center Altona fuhren die dicken Pötte und die kleinen Schlepper auf der Elbe vorbei. Drinnen sorgte ein vier Meter großes Modell des neuen Abendblatt-Schiffs für reichlich Gesprächsstoff.

Das Original wird viermal so groß. 16 Meter lang und 5,30 Meter hoch. Im Mai soll das Abendblatt-Schiff, das in einer Hamburger Werft gebaut werden wird und die Anmutung eines riesigen Papierbootes hat, erstmals zu Wasser gelassen werden. Das Schiff symbolisiert zugleich den Auftakt für das "Jahr der Aktionen", die beim Abendblatt eine lange Tradition haben und den Hamburgern immer wieder zeigen, dass das Abendblatt mehr ist als eine Zeitung.

Zeitungen gab es schon einige, als das Hamburger Abendblatt an den Start ging. Aber keine andere sorgte von Anfang an so konsequent dafür, dass ihre Leser über das Lesen hinaus mit der Zeitung in Verbindung kommen konnten. "Den Lesern wohltun", hatte Axel Springer dem Abendblatt als Leitspruch mitgegeben. Und die Leser, die sich von den Aktionen zum Mitmachen anregen ließen, hatten etwas davon: spannende Entdeckungen in der Stadt und vielleicht einen der Gewinne des großen Sommerrätsels. Oder Gewissheit über Herkunft und Wert einer Antiquität, die Sotheby's für Abendblatt-Leser kostenlos geschätzt hat.

Aktionen wurden wichtige Bestandteile der Zeitung. Bereits im Jahr 1949 ging zum ersten Mal "Herr Lombard" durch die Stadt. Wer ihn zuerst erkannte, erhielt 100 Mark. 14 Jahre sollte der Glücksbringer durch Hamburg laufen, nun wird er wiederauferstehen. Es ist eine von elf Aktionen (siehe Texte links und rechts), der Bau des Schiffs aber ist das Highlight. Und stieß bei den Gästen auf ungeteilte positive Resonanz. "Eine tolle Idee vom Abendblatt, und das sage ich nicht nur, weil ich Schiffe liebe", sagte NDR-Moderatorin Bettina Tietjen. "Ich habe sogar meinen 50. Geburtstag auf einem Schiff gefeiert. Wir sind mit unseren Freunden auf der 'Seuten Deern' von den Landungsbrücken nach Wedel und zurück geschippert, das war eine ganz tolle Party. Und es hat mir wieder gezeigt, dass Hamburg vom Wasser aus viel schöner ist als vom Land."

Peggy Parnass, Autorin und Publizistin, liebt ebenfalls Schiffe über alles: "Ich sammle sogar kleine Segelschiffe", verriet sie. "Schiffe symbolisieren für mich Freiheit und Weite, obwohl das ja eigentlich idiotisch ist, weil man als Passagier auf dem Schiff ziemlich eingepfercht und unfrei ist." Eine Situation, in die man bei dem Abendblatt-Schiff nicht kommen kann. Denn es ist nicht begehbar, sondern soll als neue Attraktion der Stadt und als Fotomotiv auf Hamburgs Gewässern für Furore sorgen. Grünen-Politikerin Krista Sager wünschte dem Abendblatt folgerichtig "Mast- und Schotbruch", ihre Partei-Kollegin Eva Gümbel der Redaktion "immer genug Wasser unterm Kiel".

Für CDU-Politiker Andre Wankum symbolisiert das neue Abendblatt-Markenzeichen zwei Säulen, auf denen diese Stadt steht: "Den Hafen und die Medien." FC-St.-Pauli-Manager Helmut Schulte erinnerte das Modell, wen wundert's, entfernt an ein "stolzes Piratenschiff", und Greta Blunck, Hamburgs Hockey-Legende, hat nur einen Wunsch: "Ich möchte bei der Jungfernfahrt dabei sein."

Die wird wohl, allerdings ohne Passagiere, im Mai stattfinden, rund um den Hafengeburtstag. Dann wird das Abendblatt-Schiff "eine neue kleine, aber feine Hamburg-Attraktion sein", glaubt Abendblatt-Marketing-Leiterin Vivian Hecker, die mit ihrem Team und den kreativen Köpfen der Agentur kempertrautmann die Idee für das Schiff hatte.

Wenn es nach Bernhard Fischer-Appelt geht, hätte das Schiff noch eine weitere Funktion. "Es könnte ein Instrument werden, um die Menschen in Hamburg, bei allen Gegensätzen, immer wieder daran zu erinnern, sich gemeinsam in ein Boot zu setzen", sagte der Hamburger Agentur-Chef.

Michael Batz, 60, machte sich spontan Gedanken um die Gestaltung. "Ich möchte das Abendblatt-Schiff blau illuminieren", bot der Theatermacher und Lichtkünstler an. Warum? "Dann hätten wir für den Blue Port, eines der Highlights der Hamburg Cruise Days, ein großartiges Flaggschiff."

Für Bürgermeister Olaf Scholz macht die Schiffsaktion Sinn. "Hamburg ist eine Hafenstadt, und wenn das Abendblatt sich jetzt selbst als Schiff darstellt, ist das etwas, was das Lebensgefühl der Menschen, die hier wohnen, sehr gut symbolisiert."

Hamburgs "Stimme", der Soul-Sänger Stefan Gwildis, erinnert das Abendblatt-Schiff an seine Kindheit. "Ich bin schon als kleiner Junge mit dem Schiff nach Helgoland gefahren - und habe, als mir schlecht wurde, über der Reling gehangen." Sein Wunsch für 2012? "Das Boot könnte die Hamburger daran erinnern, dass an der Hoheluftbrücke auf dem Isebekkanal das Kindertheaterschiff liegt", sagte Gwildis. Seit sieben Jahren begeistert das Kindertheater mit bis zu zwölf Produktionen pro Jahr junge und alte Zuschauer, doch nun sind die Macher in (finanzielle) Seenot geraten. Gerade hat das Bezirksamt die Liegeerlaubnis um fünf Jahre verlängert. "Vielleicht findet sich ja jetzt ein gut betuchter Hamburger Kaufmann, der diese wichtige Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit einer Finanzspritze rettet", sagte Stefan Gwildis mit Blick auf das Modellschiff.