Ganz vorsichtig habe ich ihn gestern wieder eingepackt - meinen Herrnhuter Stern, der seit dem ersten Advent in meinem Wohnzimmer leuchtete.

Jahr für Jahr hänge ich den Papierstern auf und am Epiphanias-Tag ganz behutsam wieder ab, in der Hoffnung, dass er ja keinen Schaden nimmt.

Den Herrnhuter Christen haben wir die Idee dieses Sterns zu verdanken. Ein Mitglied der Brüdergemeinde erzählte mir, wie er die Tradition kennengelernt hat. Ausführlich berichtete er mir, dass sie früher in der Schule diese Sterne selbst gebastelt hätten. Als fächerübergreifendes Projekt. In Mathe wurde erarbeitet, wie Umfang und Anzahl der Zacken zu berechnen und anzuordnen sind. In Religion wurde es theologisch. Im Werkunterricht wurde dann der Stern produziert. Doch wer nun annimmt, dass die Schüler ihren so liebevoll selbst gebastelten Stern fortan immer in Ehren hielten, täuscht sich. Im Gegenteil: Am Ende jeder Weihnachtszeit wurden die Sterne lustvoll zerknüllt. Es sollte ja weitergehen. Aufbruch und alles wieder von vorn. So leuchtete in jeder Advents- und Weihnachtzeit ein neuer Stern.

Wenn ich mir das vorstelle: Ich, die ich jedes Jahr den Stern ganz vorsichtig abzuhängen und aufzuheben versuche und um jede geknickte Zacke fürchte, sollte nun, wenn es soweit ist, auf die Leiter steigen, meinen Stern abnehmen und vielleicht sogar vor den Augen der Familie und Freunde zerknüllen ... Das geht durch Mark und Bein!

Dennoch: Je länger ich darüber nachdenke, desto besser verstehe ich, was daran auch großartig sein kann, ein wagemutiger Gedanke und eine kostbare Mahnung: Ankunft ist Aufbruch. Kaum sind wir zu Weihnachten an der Krippe und nach Silvester im neuen Jahr angekommen, heißt es, schon wieder aufzubrechen.

Den Stern zu zerknüllen, der mir half, den Weg durch die Advents- und Weihnachtszeit zu finden, würde mich daran erinnern: Nun bin ich gefragt! Aufgetragen ist mir, neu aufzubrechen und dabei den Schein des Sterns in meinem Herzen mitzunehmen. Nun ist es an uns, zu erzählen und zu leben, was uns der Stern von Bethlehem in diesem Jahr sehen und fühlen ließ.

astrid.kleist@gmx.de