Die Hansestadt muss sich auf steigende eigene Zinskosten vorbereiten. Grund genug, den Haushalt in Ordnung zu bringen

Die Europäische Zentralbank (EZB) musste in den letzten Wochen beschließen, europäischen Banken Hunderte Milliarden Euro Liquidität zur Verfügung zu stellen. Das ist ein Vorgeschmack auf das, was uns auch in diesem Jahr weiter erwartet.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben immer noch nicht den Mut zusammengebracht, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, um die Krise in der Euro-Zone zu lösen. Die Bundesregierung spielt offenkundig weiter auf Zeit. Sie wirkt durch die Abweichler in den eigenen Reihen und eine vor sich hin sterbende FDP wie gelähmt.

Das Jahr 2012 entscheidet: Bekommt Europa endlich die Instrumente, um gegen diese Krise angehen zu können?

Gerade Hamburg betrifft diese Frage. Das diesjährige starke Wachstum wird gerade einmal die Einbußen der Krisenjahre 2008/09 ausgleichen können. Bei diesem Wachstum spielen Branchen eine Rolle, die von der wieder erstarkenden Weltwirtschaft profitieren: Handel, Verkehr, Dienstleistungen und mit Abstrichen das verarbeitende Gewerbe. Dieses Wachstum ist zwar von Zuwächsen in Asien getragen. Europa ist für den Hamburger Export aber immer noch wichtiger: Im Ranking Hamburger Ausfuhren stehen vier EU-Staaten vor China.

Die Krise in der Euro-Zone betrifft nicht mehr nur die "Sorgenstaaten". Längst bedrohen die Zinsaufschläge "Kern-Europa"-Staaten wie Italien, Belgien oder Frankreich. Banken in der ganzen EU haben große Probleme, an Liquidität zu kommen, auch in Deutschland.

In dieser Situation ist die Frage des Euro längst keine rein europäische Frage mehr. Sein Scheitern könnte das Weltfinanzsystem in eine tiefe Krise stürzen. In Hamburg würde es wieder die HSH Nordbank treffen. Allein in italienischen und spanischen Anleihen ist sie wohl mit rund 800 Millionen Euro engagiert. Egal ob es zu einem Schuldenschnitt oder zu einer massiven Abwertung einer neuen Währung dieser Staaten kommt: Ohne Steuermittel wäre ein solcher Schock für die HSH kaum verkraftbar. Zudem würde die massive Aufwertung der von Deutschland getragenen neuen Währung den deutschen Export und damit den Hafen massiv treffen. Ein Scheitern des Euro würde weltweit die Wirtschaftsentwicklung bremsen. Es ist naiv zu glauben, Hamburg könnte dann wegen seiner Beziehungen zu China gut dastehen.

Die Krise muss bekämpft werden. Das Umfeld wird dafür 2012 aber noch schlechter sein: Die Finanzkrise der Banken kann eine Kreditklemme auslösen. Europa wird ein Jahr des wirtschaftlichen Stillstands prophezeit. Staaten wie Italien und Spanien werden in eine Rezession rutschen. Allein diese beiden müssen sich aber 2012 über 500 Milliarden Euro leihen. Die zuletzt aufgerufenen Zinsen werden sich beide Staaten nicht mehr lange leisten können. Die EZB versucht daher, die Banken mit günstigen Krediten aufzupäppeln. Diese sollen dann die Staatsanleihen kaufen. Aber das ist riskant. Verlässt zu viel privates Kapital beispielsweise Italien, platzt diese Strategie.

Die entscheidende Frage 2012 ist daher, ob Politik eingreift und die Zinskosten auf einem tragbaren Niveau stabilisiert und gleichzeitig neue, verpflichtende und von der EU kontrollierte Regeln für gutes Haushalten und Wirtschaften in den EU-Mitgliedstaaten einführt. Vorschläge wie der Altschulden-Tilgungsfonds oder eine Banklizenz für den Euro-Rettungsschirm liegen auf dem Tisch. Für Hamburg ist es wichtig, wie und vor allem wann diese Frage beantwortet wird.

Natürlich kann Hamburg selbst etwas tun. Hamburg muss seine Wirtschaft widerstandsfähig machen, sich bundespolitisch um die Binnennachfrage kümmern und prüfen, welche Folgen eine Kreditklemme haben könnte.

Hamburg sollte sich auch außerhalb der "klassischen" Wirtschaftsbereiche stärker aufstellen, um unabhängiger von der Weltlage nachhaltig Wertschöpfung zu halten. Hamburg muss sich auf steigende eigene Zinskosten vorbereiten. Grund genug auch den eigenen Haushalt in Ordnung zu bringen. Vor allem sollte für Hamburg aber klar sein, wo es in diesen schweren Zeiten steht: Aus dieser Krise kommen wir nicht alleine, sondern nur mit dem Euro und der Europäischen Union.