Ein Kommentar von Kai-Hinrich Renner

Genugtuung. Wäre Katrin Müller-Hohenstein im ZDF nur dieser Begriff eingefallen, um den Gemütszustand von Miroslav Klose nach seinem Treffer zum 2:0 gegen Australien zu schildern, ihr und vielen ihrer Kollegen wäre eine ebenso peinliche wie scheinheilige Diskussion erspart geblieben.

So aber sprach die Dame von einem "inneren Reichsparteitag". Sie musste sich für diese Formulierung entschuldigen. Zu spät: Die Online-Redaktionen von "Welt", "Süddeutscher Zeitung" (SZ), "Handelsblatt" und anderen Zeitungen schrieben von "Nazi-Wort", "unsäglichen Vergleichen" und "verbaler Entgleisung". Das ist insofern erstaunlich, da diese Blätter mitunter dieselbe Formulierung wie die ZDF-Journalistin verwenden.

Laut "SZ" war es für Fredi Bobics Manager ein "innerer Reichsparteitag", als er ihn 1999 vom VfB Stuttgart zu Borussia Dortmund lotste. Die "Welt" glaubt, dass jenem englischen Journalisten ein "innerer Reichsparteitag" vergönnt war, dem der Begriff "Bum-Bum-Boris" einfiel. "Innerer Reichsparteitag" diagnostizierte das "Handelsblatt" auch bei Oskar Lafontaine, als es seiner am Abend der Bundestagswahl 2009 ansichtig wurde.

Woher kommt der Begriff? Laut dem "Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten" prägten ihn Schüler und Studenten nach 1933. Viel spricht dafür, dass sie sich damit ironisch vom Nürnberger Nazi-Reichsparteitag distanzieren wollten. Mit etwas Recherche hätte sich all das herausfinden lassen.