Gartenarchitekt Karl Plomin hat den Park entworfen. Vor 75 Jahren wurde Planten un Blomen mit einer “Niederdeutschen Gartenschau“ eingeweiht.

Hamburg. Hamburg am 6. Juni 1935: In einer schwarzen Limousine fährt Hamburgs Bürgermeister Carl Vincent Krogmann am Vormittag vom Rathaus Richtung Dammtor. Am Eingang eines noch abgesperrten Areals steigt er aus und wird zum Eingang des neuen Parks geleitet, der den niederdeutschen Namen Planten un Blomen (Pflanzen und Blumen) tragen soll. Zufrieden lässt sich Krogmann die weitläufige Parkanlage zeigen, für die der Senat stolze vier Millionen Reichsmark zur Verfügung gestellt hat. Dann tritt der Bürgermeister ans Mikrofon, spricht zum Volk und lobt den neuen Park und die Partei, die das alles möglich gemacht habe. Der Gartenarchitekt Karl Plomin, der den Park entworfen und die Arbeiten geleitet hat, hält sich während dieser nationalsozialistischen Propagandaveranstaltung etwas im Hintergrund. Aber auch er ist zufrieden, denn jetzt weiß er, dass das Projekt, das er in kürzester Zeit und unter schwierigen Bedingungen zu realisieren hatte, gelungen ist.

+++ In Planten un Blomen pflanzten die Gärtner 32.000 Blumen +++

Seit etwa einem Jahr haben die nationalsozialistischen Machthaber ein ernstes Imageproblem. Am 30. Juni 1934 hatte der Röhm-Putsch als offener Machtkampf die braune Bewegung erschüttert. Funktionäre, die eben noch hoch geehrt wurden, gelten nun als Verräter. Auch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935 ist in der Bevölkerung alles andere als populär. Umso wichtiger sind positive Maßnahmen, die die Stimmung wieder verbessern. Recht kurzfristig, nämlich erst im Herbst 1934, hat der Hamburger Senat ein Megaprojekt beschlossen, das innerhalb nur weniger Monate durchgeführt werden muss. Per Beschluss vom 29. Oktober soll das Gelände des ehemaligen Zoologischen Gartens und der benachbarten frühere Friedhöfe am Dammtor zu einer "Niederdeutschen Gartenschau" umgestaltet werden, die später als Park genutzt werden kann. Anders als bei früheren Parks, in denen man vielfach exotische Gewächse kultivierte, werden hier Pflanzen und Blumen aus Deutschland, vor allem aus dem Norden, dominieren. "Hier pflanzt man deutsch", könnte als Motto über dem Eingang stehen.

Doch erst einmal muss das Terrain bereitet werden, wofür 1800 Arbeitskräfte eingesetzt werden. Viele von ihnen waren zuvor arbeitslos. Wie auch bei anderen Gelegenheiten nutzen die Nationalsozialisten auch hier ein Großprojekt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Plomin bemüht sich, einzelne Bereiche des 1863 von Alfred Brehm gegründeten Zoologischen Gartens in sein neues Konzept mit einzubeziehen. Der Zoo, der der Konkurrenz zu Hagenbecks Tierpark in Stellingen nicht mehr standhalten konnte, wurde schon 1930 endgültig geschlossen. Gleich nebenan erstrecken sich die ehemaligen Friedhöfe, die 1794 angelegt wurden, weil der Platz für die Bestattungen in den innerstädtischen Kirchen nicht mehr ausreichte. Diese historisch wertvollen Friedhöfe sind zwar schon 1904 geschlossen worden, aber noch immer gibt es hier zahlreiche Grabdenkmäler, Mausoleen und Grüfte.

Schon aus Zeitgründen kann Plomin nur brachial vorgehen. Er lässt die Gräber einfach sprengen, anschließend schleppt ein Heer von Hilfskräften die Trümmer beiseite. Denkmalpfleger haben hier kaum eine Chance, schließlich drängt die Zeit. Innerhalb von wenigen Monaten erhält das verwilderte Gelände ein völlig neues Gesicht. 150 000 Kubikmeter Erdreich müssen dafür bewegt werden. Geometrische Einheiten, die in der Tradition des Barock- und des Reformgartens stehen, sind jetzt mit teilweise gewundenen Wegen verbunden, wodurch sich immer neue Landschaftsbilder ergeben. Hunderttausende Gewächse werden gepflanzt, darunter 35 000 Nelken und 276 000 Sonnenblumen.

Als die Hamburger den Park am 6. Juni 1935 in Besitz nehmen, interessieren sie sich weniger für Parteipropaganda von Bürgermeister und Gauleiter als vielmehr für den Erholungswert des neuen Parks. Die meisten sind begeistert, denn es ist tatsächlich ein "Garten für alle Hamburger" geworden. Innerhalb der ersten zwölf Monate kommen 1,2 Millionen Besucher, obwohl damals sogar Eintritt bezahlt werden muss.

Auch nach dem Krieg, als niemand mehr Wert auf den rein (nord)deutschen Charakter der Pflanzen und Blumen legt, ist der Park ungemein beliebt. Er wird mehrfach erweitert und ist 1953, 1963 und 1973 Schauplatz der Internationalen Gartenbau-Ausstellungen (IGA), die jeweils Hunderttausende Besucher anlocken. Zur Eröffnung der ersten Nachkriegs-IGA reist der damalige Bundespräsident Theodor Heuss an. Im noch immer von Ruinen geprägten Hamburg ist der Park ein Symbol für Wiederaufbau und Fortschritt. Zu den Attraktionen gehört der 36 Meter hohe gläserne Philipsturm, ein Aussichtsturm, den der Hamburger Architekt und Stadtplaner Bernhard Hermkes entworfen und der Philips-Konzern finanziert hat, den man aber 1971 wieder demontiert.

Fünf Millionen Besucher kommen zur Gartenschau 1953. Als es dunkel wird, verfolgen Abend für Abend Tausende begeistert das Zusammenspiel von farbigem Licht, Wasser und Musik beim Konzert der Wasserlichtorgel. Seither ist Planten un Blomen verändert und vergrößert worden, aber die Wasserlichtorgel gehört im Sommerhalbjahr nach wie vor zu den allabendlichen Attraktionen der Hansestadt.