Eine Gruppe von Anwohnern verhinderte bereits 1988 die Schließung der kleinen Anlage in Neugraben und unterstützt sie bis heute.

Die Betonmischer standen schon am Beckenrand. In wenigen Tagen sollte das Freibad Neugraben, seit den frühen 50er-Jahren ein Treffpunkt für Familien aus dem Hamburger Süden, dichtgemacht werden - mit einer Decke aus Beton. Wirtschaftlich könne man mit der Einrichtung einfach nicht mehr oben schwimmen, hatte Bäderland entschieden, damals, 1988. "Ich spürte, wie die Wut in mir hochstieg", erinnert sich Georg Peters, der seit mehr als 30 Jahren morgens seine Bahnen in dem 26 Meter langen und zehn Meter breiten Becken zieht. Gemeinsam mit seinem Nachbarn Henry Richter gründete er eine Bürgerinitiative, die für den Erhalt des Freibads an der Neuwiedenthaler Straße kämpfte.

"Man musste doch irgendwie verhindern, dass ausgerechnet in unserem sozial schwachen Stadtteil der Rotstift alles streicht", sagt der heute 74-Jährige. Vor Karstadt, das es leider längst nicht mehr gebe, hätten seine Mitstreiter und er Handzettel verteilt und die Bürger dazu aufgerufen, das Schwimmbad zu retten. "Wir brauchten jemanden, der das Freibad übernahm."

Die Suche war erfolgreich. Mittlerweile betreibt die Passage GmbH, eine gemeinnützige Gesellschaft, die Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit bringt, das Schwimmbad. "Mehr als 20 Aktiv-Jobber sind hier im Einsatz, pflegen das Gelände und bereiten beispielsweise die Badesaison vor", sagt Gudrun Stefaniak. Außerdem kümmern sich fünf Festangestellte, darunter Betriebsleiter Hartmut Ebert und Teamleiter Guido Hock, um das Bad mit Ein-Meter-Brett, Rutschbahn und Kiosk. "Das Freibad, das in der Nähe von sechs Kitas und fünf Schulen liegt, wird sehr gut angenommen", sagt Guido Hock. "Zumal die nächstgelegenen Schwimmbäder mehr als zehn Kilometer entfernt sind."

Zwischen 8500 und 17 000 Besucher zähle das Freibad pro Badesaison, die vom 2. Mai bis zum 31. August (täglich von 9.30 bis 19 Uhr) läuft. "Die Eintrittspreise wollen wir erschwinglich halten", sagt Hartmut Ebert. Schließlich lebten in den umliegenden Siedlungen vor allem Familien mit wenig Einkommen. 2,50 Euro zahlen Erwachsene, Kinder nur 1,20 Euro.

Doch von diesen Einnahmen allein lasse sich die Anlage, deren Betrieb im Jahr knapp 200 000 Euro koste, nicht finanzieren, sagt Gudrun Stefaniak von der Passage GmbH, die jedes Jahr 40 000 Euro in das Projekt steckt. "Es ist einfach toll zu sehen, wie viel den Neugrabenern ihr Freibad bedeutet."

Besonders liegt es wohl den 60 Bürgern am Herzen, die sich zu einem Förderverein zusammengetan haben. Mit Spenden helfen sie, damit ihr Schwimmbad, das auch vom Bezirk Harburg gefördert wird, wirtschaftlich nicht untergeht. Auch die Saga/GWG springt ein: Gerade hat deren "Stiftung Nachbarschaft" dem Bad einen Beckensauger im Wert von 5000 Euro gestiftet. Künftig geht es schneller, das Becken zu reinigen. Zum Beispiel für das "Mondscheinschwimmen", das die Neugrabener für Kinder organisieren. "Ohne bürgerschaftliches Engagement würde es das Bad längst nicht mehr geben", ist sich Gudrun Stefaniak sicher.