Am 3. Hamburger Stiftungstag an diesem Sonnabend stellen sich rund um Rathaus und Handelskammer verschiedene Einrichtungen der Stadt vor

"Wir leben über unsere Verhältnisse", hat Bürgermeister Ole von Beust (CDU) jüngst gebeichtet. Es gebe Probleme im Haushalt, die "gigantisch" seien. In Zahlen liest sich das so: Derzeit liegt das Defizit bei 500 Millionen Euro im Jahr, ab 2014 muss Hamburg seine jährlichen Ausgaben sogar um eine Milliarde Euro kürzen. An welchen Ecken und Enden gespart wird, ist noch nicht bekannt. Fest steht: Jede einzelne Behörde wird ihre Ausgaben um zehn Prozent kürzen müssen, Mitte Juni soll die größte Streichliste in der Geschichte der Stadt vorgelegt werden. Fest steht auch: Den Bürgern werden die Einschnitte wehtun. Es schmerzt, wenn Sozial- und Bauetat zusammengestrichen werden. Es ist ärgerlich, wenn kein Geld mehr übrig ist für Sportvereine, Bücherhallen oder Schulen, während Millionen in den Hohlräumen der Elbphilharmonie versacken.

Manche werden diese Einsparungen lautstark beklagen, andere werden sie leise hinnehmen und schulterzuckend sagen: "Ändern können wir das alles doch sowieso nicht." Stimmt - aber auch nur ein bisschen. Denn wir, die Bürger, können etwas machen. Wir können uns zusammentun in der Hausgemeinschaft, im Viertel, im Bezirk. Wir können einander unterstützen - mit Geld, aber vor allem auch mit Zeit und Engagement. Was zählt, ist der Einsatz, finanziell und eben vor allem ideell. So wird die Stadt stark, weil ein Immunsystem gegen die Krise entsteht, die Krise des Staates und die des Gemeinwesens.

Nun darf natürlich in keinem Text über den Sinn des Bürgersinns das bedeutungsschwere Zitat des US-Präsidenten John F. Kennedy fehlen: "Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage dich, was du für dein Land tun kannst." Geht das auch eine Nummer kleiner? Klar, man könnte zuerst mal seine Heimatstadt fragen, was die so braucht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat 2007 in Hamburg, im Audimax der Bucerius Law School, Bürgersinn so umschrieben: "Wir dürfen nicht nach Schuldigen suchen. Jeder muss mit anpacken - auch kleine Schritte helfen." Deutschland sucht also keinen Superstar, sondern Menschen, wie sie Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz auf dem Neujahrsempfang dieser Zeitung als "Bürger 2020" beschrieben hat: "Streitbar, engagiert, teilend und sich mitteilend, seinem Mitbürger in Freundschaft zugetan." Denn wirklicher Wandel könne nicht von oben kommen, sondern müsse durch aktive Bürger von unten initiiert werden. So wie es Hamburg schon traditionell lebt.

Denn während es in Residenzstädten vor allem Adelige waren, die Kultur förderten und sich für das Gemeinwohl engagierten, waren es in der Hansestadt schon früh Geschäftsleute, die gesellschaftliche Verantwortung übernahmen. Das war so, ist so und wird hoffentlich lange so bleiben. Bekanntlich ist Hamburg mit mehr als 1000 Stiftungen die deutsche "Stiftungshauptstadt". Am heutigen Sonnabend werden sich rund um das Rathaus und die Handelskammer auf dem 3. Hamburger Stiftungstag zahlreiche Stiftungen, die die Stadt bewegen, vorstellen. "Entscheidend ist der Wille, sich leidenschaftlich, zuverlässig, eigenständig und mit Energie einer Sache zu widmen", sagte Johanna von Hammerstein, Vorstandssprecherin der Bürgerstiftung, die sich vor allem um Jugendarbeit in benachteiligten Stadtteilen kümmert, dem Abendblatt in einem Interview. "Ist der Funke einmal übergesprungen, sind Aktive oft zu mehr fähig, als sie selbst anfangs gedacht hätten."

So wie die Neugrabener, die ihr Freibad gerettet haben und es bis heute selbst betreiben. Wie Mütter und Väter, die in den Schulen ihrer Kinder aushelfen. Oder Ehrenamtliche, die sich im Altenheim engagieren. Wie die Bürger, die das Abendblatt auf dieser Seite vorstellt. Sie haben sich gefragt, was sie für ihre Stadt tun können. Und die Antwort geben sie jeden Tag - mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz.