Manfred Stahl, 55, ist Sprecher der Feuerwehr Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Viele Menschen reagieren mit Unmut, wenn bei Bombenentschärfungen Stadtteile evakuiert werden. Glauben Sie, dass es nach dem Unglück von Göttingen zu einem Umdenken kommt?

Manfred Stahl:

Ich kann nur hoffen, dass die Menschen, die ihre Häuser verlassen müssen, im Stau stehen oder an den Bahnhöfen warten müssen, verstehen, dass das Absperren lebensnotwendig ist. Es gibt auch immer wieder Forderungen, dass wir erst nachts entschärfen sollen, weil dann weniger Verkehr auf den Straßen ist. Aber dann müssten wir wieder sehr viel mehr Menschen aus den Häusern holen. Zudem brauchen wir gute Sichtverhältnisse.

2. Welche Auswirkungen hat der tödliche Unfall auf Ihre Kollegen vom Kampfmittelräumdienst?

Zunächst natürlich Trauer und Bestürzung. Ich habe sofort mit ihnen gesprochen. Angst vor ihrem Job haben sie nicht. Sie sagten, wenn sie die hätten, wären sie für ihre Aufgabe völlig ungeeignet. In den vergangenen Jahrzehnten hat es zumindest in Hamburg keinen Unfall gegeben. Aber das Beispiel Göttingen zeigt auf tragische Weise, wie gefährlich deren Arbeit ist.

3. Wie viele Weltkriegsbomben gibt es noch in Hamburg und wo liegen sie?

Es sind etwa 107 000 Sprengbomben auf Hamburg abgeworfen worden. 14 000 davon waren Blindgänger. 65 Jahre nach Kriegsende liegen nach Schätzungen unseres Kampfmittelräumdienstes noch rund 3000 auf Hamburger Gebiet. Am häufigsten sind sie im Hafen, Wilhelmsburg, Harburg und Waltershof zu finden, also an Industriestandorten.

4. Wieso sind denn nicht schon längst alle Bomben gefunden und entschärft worden?

Das liegt einfach an der Masse der Bomben. Es wird zwar gezielt mit Bildern aus der Luft und Sonden am Boden gesucht. Aber man findet auch immer wieder Bomben bei Abrissarbeiten. Da wurden nach dem Krieg auch mal Häuser auf Bomben gebaut.

5. Können diese Blindgänger auch plötzlich von alleine explodieren?

Nach menschlichem Ermessen nicht. Wenn sie nicht bewegt werden, etwa bei Baggerarbeiten, kann das nicht passieren. Aber ein Restrisiko gibt es immer.