Der Präsident der Technischen Universität Hamburg-Harburg sieht den Norden bei den zukunftsträchtigen Investitionen weit abgeschlagen

Es könnte alles besser und werthaltiger sein in Hamburg und in der Metropolregion: mehr produzierendes Gewerbe, mehr Industrie, weniger Arbeitslosigkeit, mehr Einkommen pro Kopf, besser ausgebildete Schüler und vieles mehr, was zum Umfeld einer Technischen Universität wie der in Harburg gehört.

Und das sind die Zahlen im Vergleich zu den anderen Regionen in Deutschland: Hamburg liegt dabei im Vergleich an siebter Stelle, wenn es um Forschung und Entwicklung (FuE) geht.

In der Metropolregion Hamburg arbeiten rund 8700 Menschen in diesem Bereich, in Stuttgart, dem Spitzenreiter, sind es fast 40 000, in München knapp 35 000. Die direkt neben Hamburg Platzierten sind die Regionen Köln/Bonn und Nürnberg. Wir befinden uns also nur im Mittelfeld. Der Süden dominiert! Fast die Hälfte allen Personals, das im Bereich von Forschung und Entwicklung arbeitet, tut dies in Baden-Württemberg oder in Bayern.

Woran liegt das?

Deutschland steckt 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Forschung, die Europäische Union erwartet von ihren Mitgliedstaaten immerhin einen Wert von drei Prozent.

Hamburg liegt mit weniger als zwei Prozent weit unter dem Schnitt, von der Industrie kommen davon 1,1 Prozent. In Baden-Württemberg werden knapp 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung investiert.

Unumstritten ist, dass sich gerade diese Ausgaben für Forschung und Entwicklung positiv auf die Wirtschafskraft auswirken. Denn diese Ausgaben erhöhen die Zukunftsfähigkeit.

Die "großen" Technischen Universitäten in Deutschland sind im Süden angesiedelt. Das liegt auch an den Investitionen - staatliche und FuE-Mittel aus der Industrie -, die Baden-Württemberg oder Bayern in Wissenschaft stecken. Da bleiben wir in Hamburg weit zurück.

Vielleicht leistet sich Hamburg deshalb seit gut 30 Jahren auch "nur" eine kleine Technische Universität. Der ging es immer darum, Defizite zu beseitigen: etwa neue Industrie zu initiieren, den Strukturwandel voranzutreiben durch die Ansiedlung wissensbasierter Technologien. Das industrielle Standbein Hamburgs sollte neben dem zweiten, dem Handel, nicht wegbrechen. Gelungen ist es seit der Gründung der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH), das regionale Umfeld zu einem vollkommen neuen Stadtteil umzubauen.

Gelungen ist die Ansiedlung technologiebasierter Unternehmen, auch zahlreiche Verbindungen zu großen wie kleinen und mittelständischen industrie- und technologiebasierten Dienstleistungsfirmen. Nicht gelungen ist etwas, was man als typisch bezeichnen kann: Hamburg hat sich zwar eine technische Universität "geleistet", aber ausgelegt war sie von Anfang an nicht im Maßstab einer TU München, einer Uni Karlsruhe, einer RWTH Aachen.

Die TUHH ist als FuE-orientierte Forschungsuniversität gegründet worden, die wenig Studierende haben sollte, nämlich 2800. Heute hat die TUHH über 5000 Studierende, der Hochschulbau hinkte hinter der steigenden Nachfrage her.

Der Kampf um jeden Ausbauschritt ist hart, kostet viel Zeit, Zähigkeit und Unbeirrbarkeit. Wir sind angewiesen auf Kooperationen in naturwissenschaftlichen Kernfächern der Ausbildung und auf Kooperationen in der Forschung. Austausch und Kooperation sind wichtig, wer aber Hamburg kennt, wird wissen, wie viele bürokratische Hürden damit verbunden sind. Jede "normale" Technische Universität in Deutschland hat ihre eigenen Naturwissenschaften, ihre eigene Mathematik. Die "besondere" TUHH hatte sie nie, und sie - so denken viele Haushaltspolitiker - wird diese Kernfächer in angemessenem Umfang nie bekommen, weil sie ja zu teuer seien. Hamburg ist im Vergleich zu südlicheren Ländern viel zu teuer. Auch in Hamburgs Wirtschaft wird gern und oft von fehlenden öffentlichen Investitionen gesprochen, aber wie steht es um deren Investitionen in Bildung und FuE?

In Hamburg ist eine neue Strukturdebatte - auch um die Defizite der Technologiestrategie - längst fällig. Es geht darum, Zukunftsfähigkeit zu schaffen. Nicht allein auf traditionelle Wirtschaftsfaktoren zu setzen, sondern Neues zu wagen. Das Ziel muss sein, das Süd-Nord-Gefälle zu beseitigen, mehr Wettbewerbsfähigkeit zu bekommen. Hamburg braucht einen starken Bildungssektor, starke Forschungs- und Entwicklungsarbeit, nicht nur ein lebenswertes Business-Umfeld.