Wie das Abendblatt den dramatischen Halbfinalsieg über Frankreich erlebte.

Manfred Heun war bei der legendäre Nacht von Sevilla als Abendblatt-Reporter im Stadion. Am 9. Juli erschien sein Bericht.

"Ich sah in die Augen des französischen Torwarts", so Hrubesch unter Hochrufen. "Er versuchte mich zu irritieren und bot mir die von ihm aus gesehene rechte Ecke an. Ich habe dann in die andere Ecke gezielt." Wieder jubelten sie, und wie gezaubert hatte Hrubesch plötzlich eine Sektflasche in der Hand und ließ sie in der großen Nacht des deutschen Fußballs unter den Anhängern kreisen.

Während draußen die deutschen Trommeln einen fast unheimlichen Lärm verursachten, dachte der Hamburger Horst Hrubesch noch einmal zurück. "1980 bei der Europameisterschaft", erinnerte sich der Mittelstürmer auf einmal, "habe ich mit meinem Kopfballtreffer auch den Titel für uns geholt ..." Dann stand plötzlich Klein-Littbarski vor dem 1,90 Meter großen Mittelstürmer und sagte: "Komm, Langer, wir duschen. Kriegst auch mein Shampoo."

Unter den Duschen aber stand Libero Uli Stielike, und während die deutschen Spieler das unvermeidliche Lied vom "Ein Tag, so wunderschön wie heute" anstimmten, war bei Stielike nicht auszumachen, was nun Tränen waren und was Wassertropfen. Der Libero der deutschen Elf, unter Vertrag bei Real Madrid, heulte hemmungslos. "Ausgerechnet in Spanien muss mir das passieren, einen Elfmeter zu verschießen."

Freude und Tränen, Hoffnungslosigkeit und Endspielteilnahme - die Verlängerung und das Elfmeterschießen stellten alles weit in den Schatten, was die deutsche Mannschaft bisher auf dieser Weltmeisterschaft geboten hatte. "Grandios", formulierte der Engländer Bobby Charlton, 1966 Regisseur in der WM-Elf, "das war so dramatisch wie 1970 in Mexiko, als wir gegen die Deutschen schon 2:0 führten, dann aber in der Verlängerung 2:3 verloren." Und der ehemalige Nationalspieler Jürgen Grabowski gab zu: "Nach dem 1:3-Rückstand hatte ich keine Hoffnung mehr."

Begeistert wurde die deutsche Elf dann von ihren Schlachtenbummlern zum Flughafen gebracht, wo die Maschine für den Rückflug nach Madrid wartete.

Durch die nächtlichen Straßen von Sevilla ertönten Fanfaren, Kuhglocken und von einer Hamburger Gruppe das "Hrubesch, Hrubesch, eijeijeijei ..."

Jupp Derwall allerdings war schon mit den Gedanken beim Endspiel am Sonntag um 20 Uhr gegen die Italiener in Madrid. Er sprach das aus, was alle dachten: "Hoffentlich hat uns diese Partie nicht zu viel Kraft gekostet."