Amtsgericht Barmbek, Saal 010. Hinten im Zuschauerraum sitzen drei Polizisten. Auf Anordnung des Gerichts, denn der Fall ist brisant. Angeklagt ist Mario L. Der 40-Jährige gilt als einer der führenden Köpfe der militanten Hamburger Neonazi-Szene.

Er war Mitglied der verbotenen Kameradschaft "Hamburger Sturm". Ende der 90er-Jahre verurteilte ihn ein Amtsgericht wegen Volksverhetzung zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe.

Am frühen Morgen des 17. August, so die Anklage, soll er seinen alten Jaguar auf einem Parkplatz an der Schmachthäger Straße angezündet haben soll - um die Versicherungssumme in Höhe von 12 000 Euro zu kassieren. Tatsächlich taxierte ein Gutachter den Wert des komplett ausgebrannten Wagens auf gerade mal 3000 Euro. Der Polizei erzählte er, Personen aus dem "linken Spektrum" hätten seinen Wagen in Brand gesteckt. Gegenüber einem Versicherungsvertreter wurde Mario L. deutlicher: Er sei "Großkapitalist". "Rote Zecken" hätten aus Neid sein Auto angezündet. Die Anklage wirft ihm daher auch vor, eine Straftat vorgetäuscht zu haben.

Mario L. legt erst im Gericht seine Sturmhaube ab. Der stämmige Mann hat eine Vollglatze, trägt ein Sakko, das über den muskulösen Oberarmen spannt. Während der langen Verhandlung stützt er sein Kinn auf die Hand, wirkt ostentativ gelangweilt und schweigt zu den Anschuldigungen der Staatsanwältin.

Um den Tatablauf zu rekonstruieren, hört das Gericht deshalb sechs Zeugen - das ist enorm. Einer von ihnen ist der ermittelnde Kommissar, Guido M. (42). "Als wir ihn vernahmen, wirkte er nervös, seine Stimme zwei Oktaven höher." Ihm hatte er erzählt, er könne sein Auto gar nicht angezündet haben, weil er zur Tatzeit mit Freunden im Lokal Oktober (Harburg) saß.

Es war die letzte Station einer Tour von München über Wunsiedel - das ist der Ort, in dem Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß begraben ist - nach Hamburg. In dem Lokal will der 40-Jährige Jägerschnitzel mit Bratkartoffeln goutiert haben, als sein Wagen in Flammen stand. Der Kassenbon ist indes auf 2.21 Uhr ausgestellt - um 3.12 Uhr brannte der Jaguar in Steilshoop. Der Prozess fördert einige Versäumnisse der Ermittler zutage. Warum etwa legte die Polizei der Zeugin, die den mutmaßlichen Täter beobachtet haben soll, kein Foto von Mario L. vor? Damals erklärte Karin P. (68) den Beamten, sie habe jemanden am Tatort gesehen: einen breiten Kerl, der so steif daherstakste. Das träfe wohl auf Mario L. zu. Gestern erinnert sie sich an einen Mann mit "furchtbar vielen Haare, ein Mensch wie ein Neandertaler, muskelbepackt, übergewichtig." Den kahlen Mario L. meint sie offenbar nicht: Im Saal erkennt sie niemanden wieder.

Kurz vor der Tat hatten zwei Banken Mario L.s Konten gekündigt. Die Ermittler hatten offenbar Verdacht geschöpft. Wenige Tage nach dem Brand durchsuchten sie seine Wohnung - Hinweise auf Brandstiftung entdeckten sie indes nicht.

Der Prozess wird am 6. Mai fortgesetzt.