Der umstrittene "Richtervorbehalt" wackelt. Nun hat der Deutsche Richterbund beschlossen, die in der Strafprozessordnung vorgeschriebene richterliche Anordnung einer Blutentnahme nach Straftaten - das gilt insbesondere für Trunkenheitsfahrten - abzuschaffen. Auch Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) setzt sich dafür ein.

Der Richterbund-Vorsitzende Christoph Frank sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", dass die Richter sich auf Angaben der Polizisten vor Ort verlassen müssten und keinen eigenen Beurteilungsspielraum hätten. Es sei sinnvoller, wenn die Staatsanwaltschaft generell die Blutentnahme anordnen dürfe. Bei Blutproben im Straßenverkehr laufe die "richterliche Anordnung praktisch leer". Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach geißelte den sogenannten Richtervorbehalt als "reinen Formalismus". In Hamburg mehrten sich kritische Stimmen, nachdem ein Eilrichter die Blutentnahme bei einem mutmaßlichen Vergewaltiger untersagt hatte. Zudem sei die Zahl der Alkoholkontrollen durch Blutentnahmen bei Autofahrern stark rückläufig.

Justizsenator Till Steffen (GAL) verteidigte indes das System. Die Justiz verfüge über einen richterlichen Rund-um-die-Uhr-Bereitschaftsdienst. Von einer Kontaktaufnahme der Polizeibeamten mit dem Staatsanwalt bis zur Rückmeldung verginge meist keine Stunde. Auch der Hamburgische Richterverein spricht sich klar für den Richtervorbehalt aus. Zur Wahrung der Grundrechte "reicht es nicht aus, nur auf einen Telefonanruf eines Polizeibeamten oder Staatsanwalts hin den Eingriff in Grundrechte zu erlauben. Der Richter würde in diesem Fall nur als Erfüllungsgehilfe der Ermittlungsbehörden tätig, der die gewünschte Maßnahme schlicht absegnet."