Arbeitsmarktpolitik ist ein emotionales Thema, eines, zu dem viele etwas zu sagen haben. Es geht alle an, bewegt aber nur die wirklich, die um Jobs kämpfen müssen. Eine Meinung hat trotzdem jeder, gefüttert werden sie von Berichten über Hartz-IV-Betrüger und bereitwillig posierende Arbeitsverweigerer. Auch der Hamburger Arno Dübel, der durch Artikel des Boulevards zu zweifelhafter Berühmtheit gelangte, weil er sich damit rühmte, seit 36 Jahren vom Staat zu leben, zählt zu den Kunden von Thomas Bösenberg.

Er lacht, obwohl es ihm wohl doch Sorgen bereitet, dass jemand aus seiner Klientel durch die Talkshows tingelt und sagt: "Wer arbeitet, ist blöd."

Arbeiten ist eben nicht blöd, es lohnt sich, sagt Bösenberg. Auch für Menschen, die sich nicht leichttun, einen Job zu finden. Die Wende auf dem Arbeits- und Sozialmarkt fand ihren Ausdruck auch in der Sprache der Jobcenter, in denen aus Arbeitslosen "Kunden" wurden. Bösenberg (54) ist Chef der Hamburger Arge, die in 16 Jobcentern versucht, Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, "in Arbeit zu bringen", wie Bösenberg sagt. Er sitzt in seinem Büro in Barmbek, wo sich die Räume der Hamburger Arge-Zentrale seit fünf Jahren befinden. Hier werden Arbeitsmarktkonzepte ersonnen und spezielle Programme für Migranten entwickelt, zum Beispiel.

Bösenberg ist ausgebildeter "Volljurist", wie er sagt, der früher im Amt für Migration und Flüchtlinge gearbeitet hat. Jetzt hat er mit Arbeitslosen zu tun, die nicht immer Arbeit suchen. Bösenberg ist der Mann für Minderheiten, ein Schnauzbartträger mit Verkäuferqualitäten. Stolz stellt er den ausgeklügelten Berechnungsschlüssel vor, der erklärt, welche "Bedarfsgemeinschaften" welche Ansprüche haben. Wichtig sind ihm die 23 000 Kunden, die in Hamburg - "der bundesweit größten Arge", erklärt Bösenberg - durch Vermittlung seiner Jobcenter-Mitarbeiter eine Arbeit bekommen.

Hartz IV ist wichtig, sagt Bösenberg, er zeichnet Kreise auf ein Stück Papier und spricht von der Grundsicherung, die jedem Menschen zusteht. Im Maximalfall sind es 359 Euro, die ein Hartz-IV-Empfänger bekommt. Grundsicherung wird allerdings auch gezahlt, wenn jemand in Lohn und Brot steht. Ein "V" für Vater, ein "M" für Mutter und zweimal "K", hier ein Anspruch von 30 Euro mehr, weil Kinder da sind, da eine Einkommensgrenze, die genau deswegen 50 Euro mehr beträgt: Bösenberg erklärt fachkundig, aber kompliziert. Einer der Gründe, warum längst nicht alle weniger Verdienenden, die ein Anrecht auf Sozialleistungen hätten, zum Amt gehen. Dort müssen sie ihre Vermögensverhältnisse offenlegen, dort müssen sie sich bisweilen demütigenden Prozeduren unterziehen.

Die Arbeit für die Jobcenter-Mitarbeiter ist nicht immer leicht; sprechen wollte mit unserer Zeitung keiner der Fallmanager. Thomas Bösenberg sagt, dass es doch wichtig ist, zu arbeiten. Er rückt seinen Stuhl an den schmucklosen Konferenztisch und sagt außerdem: "Es muss sich lohnen zu arbeiten." Was er nicht sagt, aber sagen könnte, ist: "Es darf nicht sein, dass Menschen zu uns kommen müssen, weil ihr Vollzeitjob ihnen nicht ein Einkommen sichert, das zum Leben reicht." Aber das ist Politik, da hält er sich raus.

Vielmehr interessiert ihn die öffentliche Wahrnehmung der Jobcenter, er glaubt, dass die sich langsam bessert. Dann schiebt er eilig hinterher, dass es wohl immer als Härten empfundene Schicksale geben wird, wo plötzlich der arbeitslos gewordene Familienvater und der faule Abzocker denselben Sachbearbeiter haben.

"Es ist aber", sagt Bösenberg und lehnt sich zurück, "nicht peinlich, Geld vom Amt zu bekommen, wenn man arbeiten geht und das Geld nicht reicht".

Jedenfalls ihm nicht.