Die Bilder gingen um die Welt. Bei dem Landeversuch vor zwei Jahren auf dem Flughafen Fuhlsbüttel streifte die linke Tragfläche des Lufthansa-Airbus "Suhl" die Landebahn. Die mit 137 Menschen besetzte Maschine war kurz vor der Landung von einer Windböe erfasst und seitlich auf den Boden gedrückt worden. Jetzt liegt das Untersuchungsergebnis zu der Beinahe-Katastrophe vor. Laut Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) wussten die Piloten nicht, wie das Flugzeug in derartigen Situationen reagiert. Sie konnten es nicht wissen, weil der Hersteller Airbus es nicht in der Bedienungsanleitung beschrieben hatte.

Bei dem Landeversuch am 1. März 2008 setzte der A320 zunächst mit dem linken Fahrwerk auf und hob dann wieder ab. Erst danach kam es zu der Bodenberührung mit der Tragfläche, worauf die Crew durchstartete. Der Airbus schaltete beim ersten Aufsetzen automatisch auf Bodenmodus und blieb zunächst auch am Boden. Der Modus bewirkt, dass das Querruder nur noch halb so weit ausschlägt wie im Flugmodus. Dieses Verhalten der Steuerung hatte Airbus laut BFU nicht beschrieben und war den Piloten somit nicht bekannt. Es dauerte etwa 3,5 Sekunden, bevor das Ruder wieder voll ausschlug. "Es wäre besser gewesen, wenn das System nur dann in den Bodenmodus geschaltet hätte, wenn das Flugzeug auch tatsächlich am Boden gewesen wäre", sagte Untersuchungsführer Johann Reuß dem Abendblatt. Die BFU fordert Airbus auf, dieses System auf Logik zu untersuchen. Dazu nahm Airbus zunächst keine Stellung. "Wir werden den Bericht nun sorgfältig analysieren. Sicherheit hat für uns oberste Priorität", sagte Airbus-Sprecher Stefan Schaffrath. Dieser Vorfall sei der erste in 20 Jahren bei 46 Millionen Landungen.

DFU-Experte Reuß kommt zu dem Ergebnis, dass die damals 24-Jährige Pilotin zu wenig Erfahrung für eine Landung bei derartigen Windböen von bis zu 87 Kilometern in der Stunde hatte. Es habe sich um eine "kritische Landung gehandelt. Insofern hätte der Kapitän die Landung als steuernder Pilot selbst durchführen müssen", heißt es im Bericht. "Das können wir nicht nachvollziehen", sagt Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty. "Der Kapitän hat deshalb übergeben, um die Situation besser beobachten zu können und gegebenenfalls eingreifen zu können." Das tat er auch. Er begann mit dem Manöver zum Durchstarten.

Reuß wies darauf hin, dass die Besatzung den Landeanflug bei den heftigen Seitenwinden hätte abbrechen sollen. Der Airbus ist für rund 70 Kilometer in der Stunde ausgelegt. Dies war der Crew allerdings nicht bewusst, da die Formulierungen in den Handbüchern widersprüchlich sind. Die Lufthansa hat deshalb bereits vor einem Jahr Änderungen in die Handbücher aufgenommen. Die DFU-Experten kamen letztlich zu dem Ergebnis, dass kein Pilotenfehler für das Beinahe-Unglück verantwortlich war.