Florian S. starrt mit unbewegter Miene ins Leere. Er trommelt gelangweilt mit den Fingern auf den Tisch, als ginge ihn das hier gar nichts an. Und er schweigt. Kein Wort zu den Vorwürfen, die ihm die Staatsanwaltschaft vor dem Amtsgericht zur Last legt, kein Wort über seine Motive. Warum für ihn Polizisten Zielscheiben waren? Florian S. schweigt.

Viel ist dem 23 Jahre alten Mann im Leben nicht geglückt: Nach einer abgebrochenen Bäckerlehre ist er von Berlin nach Hamburg zurückgekehrt. Er lebt hier seit zwei Jahren von Hartz IV. Florian S. kam schon einige Male mit dem Gesetz in Konflikt und immer mit Geldstrafen davon - bis gestern.

Weil er nach dem Schanzenfest am 5. Juli mehrere Beamten mit vier Glasflaschen beworfen hat, verurteilt ihn das Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung. "Eine Geldstrafe scheint bei Ihnen keine Wirkung zu zeigen", sagt die Richterin. Allerdings stellt das Gericht nur einen minderschweren Fall der versuchten gefährlichen Körperverletzung fest: Die Polizisten hätten keine Verletzungen davongetragen, überdies seien sie durch ihre Uniformen erkenntlich gut geschützt gewesen.

Flaschenwerfer wie Florian S. stehen zurzeit gehäuft vor den Amtsgerichten - meist erhalten sie Geld- oder milde Bewährungsstrafen. Ermittelt hat die Staatsanwaltschaft im Nachgang der Schanzenkrawalle vom Juli und September gegen 150 Personen. Um ihnen die Straftaten nachzuweisen, sind die Ergebnisse von Zivilfahndern der "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten" (BFE) von essenziellem Wert.

Andreas S. gehörte so einer Einheit an. Mit zwei Kollegen erwischte er den 23-Jährigen am 5. Juli auf frischer Tat. Im Bereich Schanzen-/Susannenstraße herrschte das "totale Chaos", sagt der Beamte. Randalierer hatten Barrikaden errichtet, Wasserwerfer rückten an, Steine flogen. Da habe er gesehen, wie Florian S. inmitten einer Gruppe von rund 300 Randalierern zwei Glasflaschen auf Polizisten geworfen habe. "Dann rannte er fort, kehrte kurz darauf wieder zurück, da hatte er sich eine Sturmhaube übergestreift." Zwei weitere Wurfgeschosse hätten Polizisten sogar am Rücken und an der Schulter getroffen. Die Beamten folgten Florian S. quer durchs Schanzenviertel. Schließlich nahmen sie ihn an der Haltestelle Kellinghusenstraße fest - einen Zugriff an der U-Bahn-Station Feldstraße, wo sich zahlreiche Schanzen-Randalierer aufhielten, hätten sie aus "Eigensicherungsgründen" nicht gewagt. Zwar hätten sie Florian S. kurz aus den Augen verloren. "Wir haben ihn aber an seiner Kleidung und seinem hageren Gesicht gleich wiedererkannt", sagt Andreas S.

Völlig unverständlich ist für den Staatsanwalt der Gewalt-ausbruch. "Sie haben schwere Verletzungen billigend in Kauf genommen." Sein Mandant habe sich in einer situativen Enthemmung befunden, sagt hingegen sein Verteidiger. Erst die massive Polizeipräsenz habe doch zur Eskalation nach dem Schanzenfest geführt. Am Ende findet die Richterin deutliche Worte für den Angeklagten: "Sie haben jedes Maß verloren. Die Bewährungsstrafe ist der ultimative und letzte Warnschuss."