Völlig grundlos verletzte Wolfgang E. zwei Menschen: Er habe sich von ihnen verfolgt gefühlt, sagt der psychisch Kranke.

Stundenlang irrte Wolfgang E. (37) mit seiner asiatischen Kampfwaffe, einem "Bo", durch Nienstedten. 1,75 Meter lang ist der Holzstab und rund drei Zentimeter dick. Ohne jeden Grund drosch er damit auf zwei Radfahrer ein. Erst die Polizei konnte den psychisch kranken Mann stoppen, der nun wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht steht. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann seine Opfer im Wahn, im Zustand der Schuldunfähigkeit, attackierte. Ihm droht eine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.

Tatort Christian-F.-Hansen-Straße, 26. September. Auf einer Bordsteinkante, nahe dem Internationalen Seegerichtshofs, sitzt Wolfgang E., vor ihm liegt die Schlagwaffe. Zur gleichen Zeit radelt Andre D. mit zwei Freunden Richtung Nienstedten. Wolfgang E. nimmt der 35-Jährige nur aus dem Augenwinkel wahr. Wie er aufspringt und mit dem Langstock auf ihn zurennt, bemerkt er gar nicht. Plötzlich trifft ihn ein wuchtiger Schlag, Blut rinnt sein Gesicht runter. "Tritt in die Pedale!", ruft ihm ein Freund zu. Kurz darauf malträtiert E. ein weiteres Opfer. Der schwerhörige Michael U. (67) will gerade vom Fahrrad steigen, als Wolfgang E. auf ihn zustürmt. "Er schimpfte, haute mir gleich den Knüppel ins Gesicht. Ich lag hilflos am Boden." Als er mit den Männern fertig ist, prügelt Wolfgang E. mit dem Stock wie von Sinnen noch auf zwei Autos ein.

Wolfgang E. trägt ein orangefarbenes Poloshirt, darüber eine Jacke im gleichen Ton. Er wirkt fahrig, zerrupft unterm Tisch ein Taschentuch. Als ein Opfer von dem Angriff berichtet, schießen ihm Tränen in die Augen. "Es tut mir alles sehr, sehr leid", sagt er. Er könne sich jedoch kaum an die Taten erinnern. Das Gesicht von Andre D. hatte er mit dem Langstock regelrecht zerschmettert: Der 35-Jährige musste operiert werden, zwei Monate konnte er wegen einer Kieferklemme kaum den Mund öffnen. Michael U. verlor bei der Attacke drei Zähne.

Was den Gewaltausbruch auslöste, ist unklar. Dem Gutachter erzählte Wolfgang E., er habe seine Schwester retten wollen. Er habe plötzlich geglaubt, dass sein Vater sie töten wollte. Auf dem Weg zur Wohnung seines Vaters habe er sich verfolgt gefühlt. "Die Menschen kamen aus einer anderen Zeit, wirkten so agentenmäßig." Den Bo, sagt der 37-Jährige, benutze er beim Sport. An diesem Tag habe er ihn aber als "Spazierstock" mitgenommen. "Der Stab dient meiner Gesundheit", sagt er. Er meint das offenbar nicht so zynisch, wie es klingt.

Ob er glaube, psychisch krank zu sein, will ein Gutachter wissen. Der Angeklagte verneint das energisch. "Mobbing" und "Ämterwillkür" hätten damals zu einem "Nervenzusammenbruch" geführt, ihn auf 66 Kilo abmagern lassen. "Behördenmitarbeiter wollten mich aus der Stadt ekeln." Das alles sei leider sehr kompliziert, sagt er. Zu kompliziert für eine mündliche Verhandlung. Er habe daher die Sache für das Gericht schriftlich zusammengefasst. Der Prozess wird am 1. März fortgesetzt.