Es ging um 20 Cent - dafür musste ein Mensch sterben. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage gegen zwei Jugendliche erhoben, die am 12. Juni in der Nähe des Harburger Bahnhofs den 44 Jahre alten Dachdecker Thomas M. aus Winsen getötet haben sollen. Überraschend: Die beiden zur Tatzeit 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen aus Wilhelmsburg werden sich vor Gericht nicht wegen Totschlags, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gemeinschaftlichem, versuchten Totschlag verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ihre Tritte gegen den Kopf von Thomas M. nicht tödlich waren.

Laut Anklage wollten Onur K. und Berhan I. einen Streit provozieren, als sie gegen 21 Uhr im Fußgängertunnel am Seeveplatz 20 Cent von dem Dachdecker forderten. Thomas M. habe sich geweigert, da habe Onur K. dem schwer angetrunkenen Mann einen Faustschlag ins Gesicht verpasst. Dadurch sei der ins Straucheln geraten und ungebremst mit dem Hinterkopf aufs Pflaster geprallt. Bei dem Sturz habe er einen tödlichen Haarriss am Schädel erlitten. Trotzdem hätten die Jugendlichen auf den Kopf des am Boden liegenden, bewusstlosen Mannes eingetreten. "Es war eine rohe, sinnlose Gewalttat", sagt Wilhelm Möllers, Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft. Als gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge sei die Tat deshalb rechtlich zu bewerten, weil die Täter die Tragweite der Prügelattacke hätten erkennen müssen - so offensichtlich betrunken wie ihr Opfer gewesen sei. Die Tat ist auch als versuchter Totschlag angeklagt, weil allein die Tritte gegen den Kopf tödliche Verletzungen hätten verursachen können. Laut Anklage hätten die Täter seinen Tod billigend in Kauf genommen.

Drei Wochen darauf erlag Thomas M. seinen Verletzungen. Erst ein Vierteljahr später nahm die Polizei die Täter fest - die Beamten waren ihnen durch die Aufnahmen der Überwachungskameras am Bahnhof Harburg auf die Spur gekommen. Der brutale Angriff entfachte damals eine Debatte über den Umgang mit gewalttätigen Jugendlichen. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) forderte: "Diese Gewalttäter müssen die ganze Härte des Strafgesetzes zu spüren bekommen." Onur K. und Berhan I., beide in U-Haft, sind wegen Körperverletzung vorbestraft. Der Prozess könnte noch im März beginnen. Den Tätern, die nach Jugendrecht bestraft werden, drohen mindestens drei Jahre Gefängnis.