Realitätsfremd

Behörden-Brief an alle Schulen: Schneeschippen statt Unterricht, 9. Februar

Liebe Mitarbeiter der Schulbehörde, wie realitätsfern sind Sie eigentlich? Ich schlage vor, dass Sie mal an die Schulen gehen und dort die Wege selber ordentlich vom Schnee befreien. Frische Luft pustet das Hirn sicher gut durch. Frei nach Ihrem Motto "Lernen am anderen Ort" können Sie vielleicht danach endlich an das dringend notwendige Abspecken der Lehrpläne gehen.

A. Mönnich, per E-Mail

Super

Mit diesem Geniestreich werden doch gleich mehrere Spar- und Erziehungsfliegen mit einer Klappe erschlagen. Die Stadtreinigung kann sich weiter in Ruhe um die Straßen und Wege der CDU-Abgeordneten kümmern. Mit dem Hinweis durch Eltern oder Lehrer: "Wenn du nicht lernst, wirst du später mal Eismeißler!" wird auch der unwilligste Zögling den Ernst der Lage verstehen: Und mit dieser "Berufserfahrung" und Profiwerkzeug ausgerüstet können die Kinder bei Unterrichtsausfall zur Schlaglochbeseitigung auf Hamburgs Straßen eingesetzt werden. Ach ja, im Herbst wird dann noch Laub geharkt. Wirklich, super Idee!

R. Lühr, per E-Mail

Übernehmen!

Bravo! Endlich werden auch Erstklässler zur Eisbeseitigung mit Hammer und Spitzhacke herangezogen. Ein Wettbewerb - wer schafft die meisten Zentimeter in einer (Schul- )Stunde - würde den Reiz noch erhöhen. Unterstützen könnten sie dabei Rentner, die ja genug Zeit und oft einen Gehwagen haben, - der dient praktischerweise in kleiner Verschnaufpause auch zur Ablage der Werkzeuge. Zum Presse-Fototermin kommt dann Ole von Beust vorbei. Herr Bürgermeister, übernehmen Sie!

Akelei Roloff, per E-Mail

Frechheit

Dieser Winter ist von unangenehmen Überraschungen geprägt. Der Aufruf der Schulbehörde ist an Frechheit nicht zu überbieten! Es fällt ohnehin zu viel Unterricht aus. Ich würde vorschlagen, dass die Herrschaften der Schulbehörde das Fitnessprogramm im Freien ausüben und selbst Schnee und Eis entfernen, dann haben sie keine Zeit mehr für diese absurden Ideen und schaffen wenigstens etwas Sinnvolles.

Annette Bertram, per E-Mail

Verpflichtet

Wo sind wir eigentlich hingekommen? Jetzt werden schon Schüler zum Winterdienst verpflichtet. Haben wir nicht genug Arbeitslose, die man dafür einsetzen könnte. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass das in den 50er- und 60er-Jahren regelmäßig gemacht wurde. Diese bekamen dann zusätzlich zu ihrem Arbeitslosengeld für jede Schneeschicht einen Betrag extra gezahlt. Außerdem wurden diese Zeiten noch als sozialversicherungspflichtige Entgelte in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet, während die Arbeitslosenzeiten nur als Ausfallzeiten berücksichtigt wurden. Das wäre wohl auch heute ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Bernd-L. Flören, per E-Mail

Vorbehalte

Die Meinungen in diesem Artikel bezüglich des Einsatzes von Schülern zum Winterräumdienst, sind von Vorbehalten und einer überbordenden Beamtenmentalität geprägt. Ängste vor Unfällen werden angeführt, oder es wird mit Kartoffeleinsätzen im Krieg verglichen. Zu bedauern sind die Schüler, deren Lehrer/Eltern ihnen diesen Einsatz für das Gemeinwesen nicht vermitteln wollen. Damit wird weiter der Egoismus im Lande festgeschrieben und den jungen Menschen wird nichts zugetraut. Schade eigentlich.

Thomas Nahr, per E-Mail

Ausnahmesituation

Ich bin entsetzt über einige der Reaktionen von Kollegen, von denen in dem Artikel berichtet wird. Es wird in den Schulen (und außerhalb) immer über die Notwendigkeit geredet, Schülerinnen müssten soziale Kompetenz lernen - und wenn es darauf ankommt, soziales Engagement zeigen; dann entblödet sich ein Schulleiter nicht zu sagen, die Gehwegreinigung sei Sache der Stadt. Wirklich: Toll! Da lässt man lieber Leute an den Bushaltestellen, auf Gehwegen und sonst wo rumrutschen, als zu Spaten, Schaufel und sonst welchem Geräte zu greifen und zu helfen. Das zu tun, wäre wirkliche soziale Kompetenz. Der Satz des Leiters eines Gymnasiums, das erinnere an einen Kartoffeleinsatz im Krieg, hat ja was Richtiges: Dieser Winter ist eine Ausnahmesituation, und entsprechend sollten auch junge Menschen lernen, dass in Ausnahmesituationen man sich entsprechend helfen muss.

Gudrun Stiegler, per E-Mail

Lobenswert

Wie es die Chinesen machen: 1985 in Harbin, Mandschurei:

Plötzlich Marschmusik auf der Straße, Fahnen, LKW, und alle Werktätigen, Schüler und Armee hacken die vereisten Wege frei. Nach zwei Tagen war alles prima sauber. Ich finde die Eisräumarbeiten der Hamburger Schüler sehr lobenswert, und keinesfalls eine Zumutung. Dieser Einsatz in einer wie auch immer hervorgerufenen Notsituation stärkt den Gemeinsinn, der heutzutage immer mehr verloren geht.

Klaus Ehlers, per E-Mail

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