"Das Christentum ist in einer paradoxen Situation." Das sagte Christoph Kardinal Schönborn gestern vor 500 Zuhörern im Atlantic-Hotel. In seinem Vortrag ging der Erzbischof von Wien auf Einladung des Überseeclubs der Frage nach, ob das Christentum in Europa "Wurzel oder Fremdkörper" sei.

Der streitbare Geistliche sagte, dass die Religion im heutigen Europa auf der einen Seite weitgehend marginalisiert und damit ein Fremdkörper sei. Auf der anderen Seite seien die christlichen Wurzeln der europäischen Werte wie "Glaubensfreiheit" und "Würde des Menschen" nicht zu verleugnen. Sie würden nur zunehmend vergessen werden. Dabei ist er überzeugt: "Europas Zukunft hängt davon ab, dass es sich dieser Wurzeln bewusst bleibt." Solange das Christentum ein Fremdkörper sei, müsse man als "Alternative zum Mainstream" überzeugen.

Zu den jetzt bekannt gewordenen Fällen sexuellen Missbrauchs an Jesuitenschulen nahm Schönborn nur in einem Nebensatz Stellung. Es gehe dabei "um Glaubwürdigkeit", sagte er dem Abendblatt. Und diese werde die Kirche trotz dieser "schlimmen Verfehlungen" wiederherstellen.