Die Forderung: Die Politiker sollen ihre Anstrengungen verstärken. Ein “armutsfester“ Hartz-IV-Regelsatz sei dringend notwendig.

Hamburg. Es war ein passend gewählter Ort, um neue Strategien zur Armutsbekämpfung zu fordern. Im Diakonischen Zentrum für Obdachlose appellierten gestern die Nationale Armutskonferenz (nak) und die Diakonie Hamburg an Politik und Interessenverbände, gegen Armut und Ausgrenzung zu kämpfen. "Wir müssen endlich in Gerechtigkeit investieren", sagte Nak-Sprecher Wolfgang Gern im Beisein von Hamburgs Diakoniechefin Anne-grethe Stoltenberg.

Dringend notwendig seien ein "armutsfester" Hartz-IV-Regelsatz, eine Schule für alle, ein gesetzlicher Mindestlohn, der Abbau von Niedriglohnarbeit und eine Mindestrente, sagte Gern. Zwar ist das Jahr 2010 EU-weit zum "Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" bestimmt worden, doch leben in Deutschland mittlerweile etwa acht Millionen Menschen von Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau. Drei Millionen Kinder leben in Armut, rund 61.000 allein in Hamburg. "Armut ist erblich", sagte Gern. Er erwarte von der Politik einen Bestandsschutz der sozialen Infrastruktur. Für Steuersenkungen sei momentan kein Spielraum.

Diakoniechefin Stoltenberg kündigte an, die Bekämpfung der Armut im EU-Jahr auch in Hamburg zum Schwerpunkt zu machen. Dazu seien verschiedene Veranstaltungen geplant, in denen Betroffene zu Wort kommen und Politiker zuhören sollen. Weil sich nach einer Untersuchung des Bundesverbandes der Diakonie die Rechtsprechung für Hartz-IV-Empfänger verändert habe, sei in Hamburg eine "Interventionsstelle" geplant. "Hier wollen wir armen Menschen helfen, ihre Rechte durchzusetzen", sagte die Landespastorin. Außerdem sei gerade zur Unterstützung von Kindern psychisch kranker Eltern das Projekt "SeelenHalt" gegründet worden.

Da es in einer Metropole wie Hamburg jedoch nicht nur um Einzelschicksale, sondern immer auch um strukturelle Ursachen gehe, sei ein weiterer Schwerpunkt in diesem Jahr das Thema "Gerechte Stadt" - Auftaktveranstaltung dazu sei die erste "Konferenz zur sozialen Spaltung" am 4. Februar in Wilhelmsburg.

Die Hamburger Initiative Vermögender forderte die Bundesregierung auf, für Vermögen über 500 000 Euro eine für zwei Jahre gültige fünfprozentige Abgabe einzuführen. "Die Steuergesetzgebung der letzten Jahre hat die dramatische Auseinanderentwicklung von Arm und Reich verursacht", sagte Initiativen-Mitglied Dietrich Hauswald. Von der Umsetzung ihres Vorschlags erwartet die Initiative Vermögender eine Entlastung der öffentlichen Haushalte um 50 bis 100 Milliarden Euro. Diese sollen in den Bereichen Ökologie, Bildung und Soziales investiert werden.