Die Grundbausteine unserer Erziehung haben unsere Eltern mühsam über Jahre gelegt. Mit vielen kleinen Kellen haben sie hier und da etwas Benehmen als Mörtel hinzugefügt und kleinere Fehler ausgemerzt. Mit diesem recht wackeligen Grundgerüst geben sie uns in jungen Jahren in die Hände der zweiten Erziehungsinstanz "Schule". Hier kitten Mitschüler/-innen und das pädagogische Personal zehn bis zwölf Jahre lang alles zusammen. Am Ende wird der erzogene Schüler entlassen, in der Hoffnung, dass sein Erziehungsgemäuer allen Witterungen standhalten möge.

Nach zwölf Jahren, in denen ich in der Schule verschiedenen pädagogischen Ideen der Behörde und etlichen Eigeninterpretationen von Erziehung seitens der Lehrer ausgesetzt war, stellt sich für mich die Frage, was ich davon wirklich aus der Schulzeit ins Leben mitnehme.

Da ist zum Beispiel die glorreiche Idee der Gruppenarbeit, die uns teamfähiger machen und den praktischen Nebeneffekt haben soll, dass durch die Selbsterarbeitung des Stoffs nachhaltig mehr hängen bleibt. Leider ist genau das Gegenteil der Fall, denn aus diesen Teams arbeiten maximal zwei Personen am Thema, der Rest weiß meistens nicht mal, worum es geht. Der Schüler lernt aus dieser Arbeitsmethode entweder: Wenn's gut werden soll, verlass dich nicht auf andere, oder: Macht schon einer, ich chill eine Runde!

In Diskussionsphasen und während des Unterrichtsgesprächs werden wir immer wieder aufgefordert, die Dinge kritisch zu hinterfragen und Gegenthesen aufzustellen. Sobald die Kritik aber die inhaltliche Ebene verlässt und sich auf die vom Lehrer gewählte Unterrichtsform bezieht, ist jene kritische Haltung gar nicht mehr erwünscht. Und es kommt nicht selten vor, dass sich solche Auseinandersetzungen in der Endnote negativ bemerkbar machen. Merke: Sympathiepunkte sind auch Punkte!

In diesem Spiel um gute Noten lernt der Schüler schnell, sich auf verschiedene Lehrpersönlichkeiten einzustellen und auf sie zu reagieren. Das macht uns flexibel. Allerdings steigern sich viele so sehr in die Punktejagd hinein, dass sie einige ihrer Grundbausteine vergessen. Häufigstes Opfer ist die Solidarität unter Schülern. Doch zum Glück bleibt die erste erzieherische Anlaufstelle bestehen, unsere Eltern, die uns so manches Mal auf den Boden der Tatsachen zurückholt und - unabhängig vom Alter - nicht davor zurückscheut, uns ordentlich eins aufs Dach zu geben. Und das brauchen wir dann auch!