Die Pflegeeinrichtung in Wohldorf soll die extrem beanspruchten Eltern und Geschwister entlasten. Die Angehörigen sollen Kraft schöpfen.

Hamburg. Es war schon lange Steffen Schumanns Vision, viel hat er für sie gearbeitet, nun kann er sie endlich in die Tat umsetzen: Bald beginnt er im Wohldorfer Kupferhof damit, ein Heim für schwer behinderte Kinder einzurichten, die von ihren Familien sonst zu Hause gepflegt werden. In ihm sollen sie kurzfristig für einige Tage oder Wochen kompetent und herzlich betreut werden können und die Angehörigen so die Gelegenheit bekommen, Kraft zu schöpfen. In Hamburg hat es diese Art der Betreuung bislang nicht gegeben.

"Die Pflege schwer behinderter Kinder bedeutet für die Eltern, dass sie kaum eine Möglichkeit haben, eine Pause einzulegen und durchzuatmen. Urlaub ist - wenn überhaupt - nur mit größtem Aufwand möglich", erklärt Schumann und spricht aus Erfahrung: "Unser Sohn Noah ist schwerst mehrfachbehindert. Er hat das extrem seltene Marshall-Smith-Syndrom, das seit seiner Entdeckung weltweit erst 35-mal diagnostiziert wurde", sagt er. Zusammen mit seiner Frau und einem Pfleger umsorgt er seinen Sohn zu Hause rund um die Uhr. "Auch für die Geschwister behinderter Kinder ist es wichtig, wenigstens zwischendurch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen", sagt der engagierte Familienvater, der noch zwei gesunde Kinder hat.

Am schönsten sei es zwar, wenn das behinderte Kind in seinem Zuhause bleiben kann, anstatt dauerhaft in einem Heim zu leben. "Aber für die anderen Familienmitglieder ist eine Pause sehr wichtig, damit sie nicht unter der Last zerbrechen", betont Schumann. Die Möglichkeit, die Kinder für kürzere Zeit in eine Obhut zu geben, sei daher auch für die Eltern eine Chance mehr am normalen Leben teilzunehmen.

Als seine Idee gerade geboren war, lernte er Frank Stangenberg kennen. Auch dessen Sohn Justin ist schwer behindert. Zusammen entwickelten sie die Idee weiter. "Wir haben damals recherchiert, wie viele Kinder in Hamburg schwer behindert sind. Als wir sahen, dass es 2500 Kinder allein bis zum 15. Lebensjahr sind, beschlossen wir unseren Verein ,Hände für Kinder' zu gründen", erzählt Stangenberg.

Die Idee, ausgerechnet den prächtigen Kupferhof zu dem Heim umzubauen, kam Steffen Schumann zufällig. "Ich bin dort vorbeigejoggt, sah das Haus und das schöne Grundstück und wusste sofort: Das ist der perfekte Ort." Als er ein halbes Jahr später hörte, dass das Haus zu verkaufen ist, sei er "wie vom Blitz getroffen" gewesen.

Mithilfe der Stiftung "Hamburger Lebenshilfe Heime" wird der Verein nun das Haus kaufen, kurz vor Weihnachten einigte man sich bereits mit der Sozialbehörde über die Finanzierung des laufenden Betriebs. Inzwischen sind die Umbaupläne konkret und sollen noch dieses Jahr umgesetzt werden. Allerdings sei man auch noch auf Spenden angewiesen.

Lob für die Einrichtung kommt von Christiane Blömeke, Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion für Familien- und Pflegepolitik. "Weil uns das Konzept überzeugt hat und einmalig für Hamburg ist, haben wir 500 000 Euro für den Umbau aus dem Sonderinvestitionsprogramm bereitgestellt", sagt sie. Die Eröffnung soll Anfang 2011 gefeiert werden.