Das Online-Geschäft läuft besonders gut. Die Hanseaten wollen die Marke Quelle neu beleben, warten aber noch auf die Zustimmung der EU.

Hamburg. Rainer Hillebrand gerät über sein neues Titelmodell regelrecht ins Schwärmen. "Sie ist eine gestandene Frau, selbstbewusst, engagiert, authentisch und sympathisch. Nena passt zu uns", ist der Vorstandssprecher von Otto überzeugt. Mit der Popsängerin, die bereits in den 1980er-Jahren mit ihrem Hit "99 Luftballons" berühmt wurde, will Deutschlands größter Versandhändler in diesem Jahr seine Kunden in den Katalog ziehen. Dass die attraktive Musikerin mit ihrem fröhlichen Lachen schon zweifache Oma ist und älter als viele Otto-Kundinnen, deren Durchschnittsalter auf 35 Jahre beziffert wird, stört Hillebrand nicht: "Nena ist Lifestyle. Das passt schon."

Überhaupt blickt der Otto-Vorstand optimistisch nach vorn. "Wir haben seit 2008 einen guten Lauf", so Hillebrand. Statt in den Tenor des allgemeinen Jammerns in Krisenzeiten einzustimmen, habe Otto im Vorjahr bewusst in seine Marken investiert, sein Online-Geschäft ausgebaut und das ganze Unternehmen konsequent auf den elektronischen Handel ausgerichtet. Mit Erfolg, wie die vorgelegten Zahlentrends zeigen.

"Wir werden im Geschäftsjahr 2009/2010, das im Februar endet, ein zweistelliges Umsatzplus erzielen." Auf der Ergebnisseite, die traditionell nicht näher beziffert wird, käme das Unternehmen trotz hoher Investitionen voran. "Das neue Jahr ist ebenfalls gut angelaufen. Wir erwarten 2010 wieder ein deutliches Wachstum." In diesem Jahr sollen 100 neue Stellen geschaffen werden, insgesamt seien 600 Jobs neu zu besetzen. Im Vorjahr erzielte der Otto Versand, der die Keimzelle und heutige Tochter des weltweiten Otto-Konzerns ist, mit seinen rund 70 Katalogen und 4100 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,667 Milliarden Euro.

Größter Wachstumsmotor ist bei Otto der Online-Sektor. In dem Bereich klettere der Umsatz um 30 Prozent. 60 Prozent seiner Waren verkauft der Versandhändler bereits im Internet. Tendenz steigend. "Wir gehen davon aus, dass in wenigen Jahren unser Online-Anteil auf über 70 Prozent steigen wird."

Das Kataloggeschäft bei Otto sei ohne online nicht mehr denkbar. Umgekehrt seien aber auch die gedruckten Kataloge unverzichtbar - und mit einer Jahresauflage von rund 100 Millionen stabil. Nach einer Studie, so Hillebrand, würden 70 Prozent aller Käufe im Internet durch Hinweise in Printprodukten animiert. So ist er überzeugt: "Der Katalog stirbt nicht, sondern befeuert das Internetgeschäft." Das Online-Geschäft habe auch den Einkauf verändert und beschleunigt. Das Sortiment werde permanent aktualisiert und auf die Kunden abgestimmt, sagt Einkaufsvorstand Michael Heller.

Die Zukunft der Marke Quelle, die der Otto-Konzern nach dem Zusammenbruch des Versandhauses gekauft hat, bleibt unterdessen ungewiss. "Die EU-Kommission hat bisher noch nicht ihre kartellrechtliche Zustimmung gegeben." Diese sei aber Voraussetzung, um operativ aktiv zu werden. Das lange Warten macht dem Otto-Vorstand wenig Freude: "Es werden in dieser Zeit massiv Werte vernichtet." Denn: Marken und Kundenadressen seien eine höchst verderbliche Ware, so Hillebrand.

Sollte der Otto-Konzern die Genehmigung für den Kauf des Quelle-Pakets erhalten, "werden wir die Marke reaktivieren", sagte Hillebrand. "Es wird weder ein Abklatsch von Otto, noch die alte Quelle, die Sie kennen." Was mit der Quelle-Handelsmarke Privileg geschehe, werde geprüft. Otto sei mit einer Handvoll Interessenten im Gespräch. Unterdessen wurden 40 Quelle-Auszubildende vor allem in Süddeutschland von Otto übernommen.

Quelle in Russland werde von Otto bereits fortgeführt und mit Waren des Hamburger Versandhauses bestückt. Für die Übernahme des Geschäfts hatte das russische Kartellamt bereits m Dezember sein "Go" erteilt.

Ob Otto den Kaufpreis von rund 65 Millionen Euro für das Quelle-Gesamtpaket zurückerhalte, sofern die EU den Kauf für Europa untersagt? "Bisher haben wir noch gar nichts überwiesen", so Otto-Vorstand Hillebrand.