Mir hat der Film insgesamt gut gefallen. Er deckt sich etwa zu 85 Prozent mit der Wirklichkeit. Dieter Wedel hat nicht im Ansatz den Versuch einer Verfremdung gemacht. So war etwa einer der Drehorte am Kritenbarg in Poppenbüttel. Dort, wo Jürgen Harksen damals logierte. Der Film zeigt auch, wie sich der ehemalige Sonderschüler Harksen über Akademiker lustig gemacht hat, in dem er diese mit einem erfundenen Fremdwort konfrontierte. Niemand wollte zugeben, dass er nicht wusste, was "epibrieren" heißt. Wedel ließ Ulrich Tukur denselben Scherz machen. In diesen Dingen ist Wedel detailgetreu.

Gut dargestellt wurde auch der Zwiespalt bei Harksens "Kunden" (so nannte er seine Anleger). Das aufkeimende Misstrauen, wenn das versprochene Geld nicht ausgezahlt wurde, und die doch wieder alles verdeckende Hoffnung auf den großen Gewinn. Richtig ist auch, dass sich Harkens riesige Entourage untereinander eifersüchtig beharkte. Peinlichst genau beobachteten sich die Leute, wer bei ihm höher in der Gunst stand, wer herzlich gegrüßt und wer von ihm vernachlässigt wurde.

Künstlerische Freiheit hat sich Wedel allerdings bei der Figur von Harksen genommen. Tukur gibt den Dieter Glanz als zynischen Einzelgänger. Damit hätte Harksen nicht 300 Kunden an sich binden können. Etwa, wenn er einen, der schon bei der Staatsanwaltschaft war, wieder zu sich zurückholte. Harksen war besser. Er strahlte bei allem Kalkül auch menschliche Wärme aus. Er ist unter meinen Mandanten eine der charmantesten und witzigsten Personen. Wäre Harksen so kalt gewesen, wie Tukur ihn spielt, hätte er keine zwei Jahre durchgehalten.

Harksen schaffte es nicht nur durch Raffinesse, Menschen zu verführen. Er war eben kein Einzelgänger. Hinterleute müssen ihm bei der Fälschung von Tausenden von Dokumenten geholfen haben. Ich selbst habe auf meiner ersten Reise zu ihm nach Südafrika mehrere Koffer voll mit Handelsregisterauszügen, Zertifikaten und Aktien gesehen. Das war beeindruckend. Selbst ein Vorstandsmitglied der damaligen Landesbank hat diese Papiere für echt gehalten.

Ich weiß nicht, ob ich der im Film dargestellte Anwalt sein soll. Wenn das beabsichtigt war, habe ich mich in dieser Figur jedenfalls nicht wiedererkannt. Harksen hatte eine Reihe von Anwälten. Ich habe mich bis zum Ende des Prozesses von ihm siezen lassen, ihn auch bei Geschäften juristisch nicht beraten.

Die gravierendste Abweichung von der Wirklichkeit ist die Darstellung von Harksens Ex-Frau. Im Film räkelt sie sich ja fast nur in der Hängematte. Wedel stellt sie als blondes Flittchen dar. Das kommt ihr überhaupt nicht nahe. Seine Frau sorgte mit ihren drei Kindern, die im Film überhaupt nicht vorkommen, für das Bild einer heil erscheinenden Familie. Ihre Aura ließ keinerlei Zweifel an Harksens Legende aufkommen.

Auch war das Geständnis von Harksen - anders der Film - kein taktisches. Harksen kooperierte mit dem Gericht und wurde dennoch zu sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Ich bin immer noch wie bei meinem Plädoyer der Meinung, dass, wer sich eine Rendite von 1300 Prozent verspricht, wissen muss, dass das Geschäft risikoreich ist. So jemand kann nicht nur Opfer sein.