Handwerker arbeiteten ohne Bezahlung am Haus eines früheren Beamten. Das sei nur eine Provision gewesen, sagt er jetzt.

Hamburg. Sie hätten sich wohl lieber an anderer Stelle wiedergetroffen, um über alte Zeiten zu plaudern. Der Zimmermann-Meister und der pensionierte Hafenbeamte. 74 und 69 Jahre alt, weiße Haare; im gedeckten Pullover der Handwerksmeister, im blauen, zerknitterten Sakko und mit großem Hut der frühere Beamte. Zwei ältere nette Herren, so scheint es, die sich am Freitag vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Hamburg verantworten mussten. Mit angeklagt auch Bauunternehmer P. (63), ein eher bulliger Typ mit weißem Hemd und schwarzer Weste. Allen dreien wird ein ganzes Korruptionsgeflecht vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft hat dazu eine Liste über 17 Fälle von Korruption und 102 Fälle von Untreue zusammengetragen. Geschehen zwischen 2001 und 2006. Und nur herausgekommen, weil ein fristlos entlassener Mitarbeiter des Zimmermannmeisters W. wütend bei den Ermittlungsbehörden alles erzählt hatte. Die Wirtschaftsbehörde verlangt in einem parallelen Zivilverfahren von dem früheren Amtmann jetzt 492 000 Euro Schadenersatz. Und die heutige Hamburg Port Authority (HPA), vormals Amt für Strom- und Hafenbau, will etliche Hunderttausende Euro von den Firmen zurückbekommen.

Fast eineinhalb Stunden brauchte Oberstaatsanwältin Cornelia Gädigk am Freitag, um alle Fälle vorzulesen. Die Vorwürfe splitten sich in drei Kategorien: Steuerhinterziehung, gefälschte Rechnungen und handwerkliche Arbeiten am Haus des Amtmanns und seiner Tochter, die als angebliche Aufträge im Hafen abgerechnet wurden. Etwa Fliesenarbeiten, die dann als Kai-Instandsetzung in Rechnung gestellt wurden. Zum Teil räumten die drei Angeklagten die Vorwürfe ein, bestritten aber eine Bestechung. Deutlich wurde an diesem ersten von mehreren Prozesstagen allerdings, dass bei der Hafenbehörde offenbar über Jahrzehnte mit einem System aus fingierten Rechnungen gearbeitet wurde, das allen unmittelbar Beteiligten bekannt gewesen sein musste. Zum Teil wurden damit große Ausschreibungen vermieden und Arbeiten in etliche kleine Abschnitte von einigen Tausend Euro Auftragssumme zerstückelt, die dann von dem Amt an die angeklagten Firmenchefs vergeben wurden. Das sei üblich gewesen, um Arbeiten zügig voranzubringen, verteidigten sich die Angeklagten. "Wir haben uns damit nicht bereichert", versicherten die beiden Unternehmer. Und der angeklagte frühere Amtmann B., seinerzeit zuständig für die Kaimauern im Hafen, stellte die günstige Hilfe der Handwerker als eine Art Provision dar. Er habe das Unternehmen von W. schließlich beim Bau des Hanseatic Trade Centers empfohlen.

Auch W. argumentierte so. Wegen dieses Auftrags über rund 800 000 Euro habe er dem Beamten B. einen Gefallen machen wollen. Manche Rechnungen an B. seien einfach liegen geblieben. Als der Vorsitzende Richter Michael Kaut ihm aber vorhielt, dass er bei der Vernehmung durch die Polizei hinsichtlich der fingierten Rechnungen quasi ein Geständnis abgelegt habe, wurde er sehr leise, wirkte stellenweise fast verwirrt. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.