Starkoch Tim Mälzer trifft St.-Pauli-Präsident Corny Littmann

Abendblatt:

Der FC St. Pauli bricht 2010 vielleicht in die Erste Liga auf. Wohin entwickelt sich der Stadtteil St. Pauli?

Corny Littmann:

Der Kiez wandelt sich ständig. Das beobachte ich, seit ich 1978 meine erste Wohnung am Hamburger Berg bezogen habe. Es sind die Kontraste, die den Charme ausmachen.

Abendblatt:

Nun könnten die Kontraste schwinden. Steht die Kiezkultur vor dem Ausverkauf?

Tim Mälzer:

Wenn seelenlose Bauten hochgezogen werden und die Esso-Tankstelle, der Dorfplatz von Ur-St.-Pauli, dem zehnten Bayernzelt weichen muss, dann verkommt die Reeperbahn zum Hansa-Park.

Littmann:

Ein schmaler Grat. Aber nehmen wir Teheranis "Tanzende Türme", die uns von einem Schandfleck erlösen. Andererseits entsteht dort Bürofläche, die womöglich wieder leer steht.

Mälzer:

Ich glaube, viele Menschen sind gefrustet, dass St. Pauli nur als "Event-Location" benutzt wird. Leute kommen, machen Remmidemmi und hauen mit dem Profit ab. Das Viertel hat nix davon.

Abendblatt:

Das ist auch auf der Schanze ein Thema ...

Mälzer:

Klar. Über mich hieß es auch: "Ach, jetzt kommt also auch noch der Fernsehkoch." Aber wir versuchen, uns nachbarschaftlich zu verhalten. Ich kaufe meine Brötchen beim alteingesessenen Bäcker, nicht beim Filialisten. Dafür verdient man keinen Heiligenschein, aber es ist ein Ansatz.

Littmann:

Stimmt. Dieses Bewusstsein ist aber auf St. Pauli traditionell stark ausgeprägt.

Abendblatt:

Ob St. Pauli oder Schanze: Die Mieten steigen ..

Mälzer:

Deshalb bin ich absolut dafür, dass die Stadt für bestimmte Viertel eine Mietbegrenzung einführt. Ein runder Tisch für Anwohner und Geschäftsleute wäre gut.

Littmann:

Die Ansicht teile ich.