Generalintendant Lieben-Seutter trifft Designer Peter Schmidt

Beide kommen aus klassischen Musikstädten: Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter ist gebürtiger Wiener, der Designer Peter Schmidt stammt aus Bayreuth. In einem Gespräch, das Abendblatt-Chefreporter Joachim Mischke moderierte, wurden beide hellhörig und fast schon philosophisch.

Abendblatt:

Wie klingt für Sie die HafenCity?

Christoph Lieben-Seutter:

Für mich ist sie faszinierend, aber kalt. Mein innerer Soundtrack zur HafenCity ist sehr zeitgenössisch, zumindest spätes 20. Jahrhundert - etwas von Ligeti vielleicht oder Grisey oder einer dieser Elektronik-Frickler. Ich kann Klassik in meiner Vorstellung nicht mit diesem Stadtteil verbinden.

Peter Schmidt:

Das ist für Sie als Wiener vielleicht etwas Wienerisches. Wien klingt schließlich überall. Jede Stadt hat ihren eigenen Klang. New York würden wir beide sofort mit verbundenen Augen erkennen. Hamburg hat nicht so richtig einen Klang.

Lieben-Seutter:

Der Hafen schon. Man hört die tiefen Schiffsmotoren. Aber das verbinde ich eigentlich nicht mit der HafenCity.

Schmidt:

Hamburg ist ja eine windige Stadt. Und Wind ist doch auch eine Art von Musik. Man kann nicht einfach einen Stadtteil hinbauen und sofort sagen: Das lebt, das hat eine Musik und eine Wärme und eine Menschlichkeit. Das ist nicht hinzukriegen, schon gar nicht am Wasser.

Lieben-Seutter:

Mich fasziniert an meinem zukünftigen Arbeitsplatz in der Elbphilharmonie vor allem die Energie, die vom Hafen rüberkommt. Am tollsten ist es in der Nacht oder in der Dämmerung, da könnte ich stundenlang zuschauen.

Abendblatt:

Angesichts der Lage der HafenCity könnte man an Händels Wassermusik denken.

Schmidt:

Nein, sie hat nicht das Pompöse von Händel, sie hat nicht das Festliche.

Lieben-Seutter:

Wenn schon Musik zum Strom, dann ,Die Moldau'. Aber die passt hier auch nicht her, obwohl sie ja in die Elbe mündet.

Abendblatt:

Kann moderne Architektur an einen Klang erinnern?

Lieben-Seutter:

Klar, aber der ist dann auch modern. Modernerer Jazz, ein Power-Klaviertrio wie e.s.t. vielleicht.

Abendblatt:

Sie denken als Designer sehr in Farben und Formen. Denken Sie dann auch in Klängen oder nur an Klänge?

Schmidt:

Ich denke schon sehr an Klänge. Es gibt da keine Trennung. Eine Farbe klingt - wenn Sie das hören können.

Abendblatt:

Wenn der Elbphilharmonie-Intendant dem Designer einen Auftrag über eine Klang-Installation erteilen könnte, was käme dabei heraus, das zur HafenCity passen würde?

Lieben-Seutter:

Ein Schiff. Ein Fantasieschiff.

Schmidt:

Das wäre schon eine interessante Aufgabe für mich, die würde ich gern annehmen. Aber wenn Sie mich fragen würden - ich würde ganz viele Bäume pflanzen.

Abendblatt:

Aber Bäume klingen in der Regel nicht.

Schmidt:

Natürlich tun sie das. Das Rascheln der Blätter ist ein ganz wunderbarer Klang. Und der fehlt der HafenCity. Ich bin sehr besessen davon, dass wir den Klang der Natur möglichst auch in die Städte bringen. Was den Klang der Elbphilharmonie angeht: Ich hör da etwas. Durch die Wellen auf dem Dach bekommt dieses Riesengebäude eine Leichtigkeit. Und es endet fast, ja, mit einer Fröhlichkeit.