Ausnahmsweise mal ganz sutje: keine Allüren, keine Posen, keine markigen Sprüche. Mit ernster Miene betritt der schillernde Promoter des Hamburger Profi-Boxstalls "Arena" den Gerichtssaal. Scheinwerfer sind auf ihn gerichtet, Kameras klicken - Ahmet Öner, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, steht mal wieder im Rampenlicht, als er sich gestern vor dem Amtsgericht Altona verantworten muss: Zweimal soll er, so die Anklage, ohne Fahrerlaubnis gefahren sein.

Eine Lappalie, vergleichsweise. Eher ein Schauboxen als ein juristischer Ringkampf über mehrere Runden - der steht ihm noch bevor. Öner wird sich (Termin steht noch nicht fest) vor einem Schöffengericht wegen 16 Straftaten verantworten müssen, darunter Körperverletzung, Nötigung und Erpressung. Doch weil es hier um ihn, Ahmet Öner, geht, wird auch aus einem Allerweltsprozess eine Art Happening mit enormer Medienpräsenz. Da interessiert auch sein Befinden. "Mir geht es wieder gut", sagt der 38-Jährige vorm Gerichtssaal. Er humpelt nicht mal mehr. Am 25. August hatten zwei unbekannte Täter an der Eiffestraße mehrere Schüsse auf den 38-Jährigen abgegeben. Eine Kugel traf ihn in den linken Oberschenkel.

Während die Hintergründe der Bluttat noch im Dunkeln liegen, macht Öner gestern vor Gericht reinen Tisch. Über seinen Verteidiger lässt er eine Erklärung verlesen: Ja, er sei zweimal mit seinem Bentley gefahren, obgleich ihm der Führerschein bereits im Juli wegen Rasens entzogen worden war. Am 28. August habe er die Autobahn 24, am 18. Oktober 2008 die Holstenstraße befahren, in beiden Fällen wurde er geblitzt. Er habe jedoch nicht gewusst, dass er gar kein Auto fahren dürfe. Sein Anwalt, Partner in einer großen Hamburger Anwaltskanzlei, habe ihm gesagt, er könne Widerspruch gegen den Führerscheinentzug einlegen und so lange fahren, bis das Verfahren beginne. Dass daran etwas nicht stimmen könne, auf diese Idee sei er überhaupt nicht gekommen, so der Angeklagte.

Der auf Gesellschaftsrecht spezialisierte Anwalt sagt als Zeuge aus und gesteht seinen Fauxpas verdruckst ein. "Ihre Auskunft war mitnichten richtig", sagt der Richter. Und will wissen, wie es dazu kommen konnte. "Wenn Sie mit Leuten aus der Boxszene arbeiten, müssen sie klare Aussagen treffen", sagt Rafael S. Einen Seitenhieb kann sich der Richter nicht verkneifen. "So etwas lernt man im vierten Semester Jura."

Es ist die Aussage seines Anwalts, die Ahmet Öner gestern einen Freispruch beschert. Mit ihm arbeitet der Boxpromoter noch immer zusammen. Er habe jedoch nicht das Gefühl, "dass der Anwalt eine Gefälligkeitsaussage gemacht hat", sagt der Richter. Schließlich habe Rafael S. mit diesem Ausweis offenkundiger Ahnungslosigkeit seinen guten Ruf aufs Spiel gesetzt. Indem er sich blind auf seine Auskunft verließ, sei Öner einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen.

Bevor Ahmet Öner den Saal mit einem Gewinnerlächeln verlässt, ruft ihm der Richter hinterher: "Wir sehen uns wieder." Doch diese Runde ging an ihn. "Das Gericht war weise", sagt der 38-Jährige. Er vertraue deutschen Gerichten. Bleibt die Frage, wie sich Ahmet Öner schon bald in der strafrechtlichen Schwergewichtsklasse schlagen wird.