Drei Chinesen staunten drei Tage lang über das viele Grün, Jogger an der Alster und bunte Handtaschen mit aufgedruckten Stadtplänen.

Hamburg. Herr Gao steht an der Alster und vor den Krameramtsstuben, an der Elbe und vorm Unilever-Haus - und lächelt. Der pensionierte Dolmetscher aus Shanghai hat seine Frau Xiaoming und seine Tochter Chongyi im Arm, wahlweise den Michel und die HafenCity im Rücken. Die Chinesen sind im Allgemeinen sehr höfliche Menschen, und eines ihrer zahlreichen Sprichwörter lautet: "Das Leben meistert man lächelnd - oder überhaupt nicht."

Familie Gao ist im Wortsinn "ausgewählt" höflich und hat deshalb auch allen Grund zur Freude. Denn die drei Chinesen mit dem Hamburg-Spaß sind echte Gewinner und haben als solche nun erstmals das Vergnügen, ihre Partnerstadt an der Elbe drei Tage lang kennenzulernen. Der Grund für diesen Besuch liegt in der Zukunft, genauer im Mai 2010. Dann beginnt nämlich in Shanghai die Expo (siehe Infokasten), und deshalb ist die "Shanghai Daily" auf die Idee gekommen, mit ausgewählten Lesern vorab die teilnehmenden Städte und Länder zu besuchen.

"Wir haben uns als Familie beworben und mussten einen langen Fragebogen ausfüllen", erzählt Chongyi, die sich auf ihrer Visitenkarte Bonnie nennt. "Von 500 Familien kamen 100 in die engere Wahl, und nach weiteren Interviews blieben schließlich zehn übrig, die nun die Welt kennenlernen dürfen."

Dass die 32 Jahre alte Managerin in einer Umwelttechnik-Firma mit ihren Eltern jetzt Deutschland und Österreich bereist, hängt wohl auch damit zusammen, dass ihre Mutter vor 20 Jahren im Rahmen eines Austauschprogramms schon einmal für einige Monate in Hannover gelebt hat.

Nun also die eindeutige städtische Steigerung. Begleitet wird die Vorzeigefamilie von Sheng Feng und Wu lei. Der Journalist und der Fotograf der "Shanghai Daily" sind "Expo-Reporter" und halten sämtliche Schritte von Vater, Mutter und Tochter fest. Und so werden in der nächsten Woche die 400 000 Leser auf einer Doppelseite alles über den Besuch der Familie Gao in Hamburg erfahren.

Und wahrscheinlich werden sie nach der Lektüre ähnlich beeindruckt von Hamburg sein wie Bonnie, die am Ende des Besuches von einer "wirklich wunderbaren Stadt" schwärmte. Und das sichtbar auch so meinte.

Das hat natürlich auch damit zu tun, dass die begleitende Hamburg Marketing und die Hamburg Tourismus GmbH den Gästen aus dem fernen China statt Gängeviertel, Rote Flora und Kirchdorf-Süd dann doch lieber den Hafen, das Rathaus und den Michel gezeigt haben. Und dass sie mit ihnen auf einer Fähre von den Landungsbrücken nach Finkenwerder und zurück geschippert und dann im Alten Elbtunnel mit dem musealen Aufzug für die Autos nach oben gefahren sind. Und später vor der wachsenden Elbphilharmonie die zurzeit anspruchsvollste Baustelle Europas bestaunt haben.

Aber was ist schon anspruchsvoll, wenn man aus Shanghai kommt? Dieser Stadt der Superlative mit rund 19 Millionen Einwohnern. Dem drittgrößten Containerhafen der Welt, der 36 Kilometer langen Hangzhou Bay Bridge, dem 492 Meter hohen World Financial Center. Der "Super Brand Mall", das größte Einkaufsgebäude Asiens, oder dem Transrapid, der für die 30 Kilometer zum Flughafen acht Minuten braucht und auf eine Höchstgeschwindigkeit von 431 Kilometern pro Stunde kommt, wie die Gäste erzählen.

Dagegen ist Hamburg, obwohl sichtbar wachsende Stadt, dann doch recht niedlich. "Shanghai verändert sich jeden Tag", sagte Bonnie, die sich "riesig" auf die Expo im kommenden Jahr freut. Und den Hamburg-Trip, genau wie ihre journalistischen Begleiter, auch dazu nutzte, um zu schauen, "was man von hier mitnehmen kann, um es in Shanghai umzusetzen."

Das viele Grün, die gute Luft, die Jogger um die Alster, den mit Wasserstoff fahrenden HVV-Bus und die Tatsache, dass in Hamburg auch Schiffe als öffentliches Verkehrsmittel dienen, fanden die Gäste genauso interessant wie den auf der Handtasche der Dolmetscherin Barbara Heyken abgedruckten Hamburg-Stadtplan.

Gut möglich also, dass die Expo-Besucher 2010 Handtaschen - made in China - mit einem aufgedruckten Shanghai-Stadtplan erwerben können. Eher ausgeschlossen ist, dass sie in einem chinesischen Restaurant Labskaus serviert bekommen. Obwohl Familie Gao die Hamburger Spezialität beim Mittagessen im Rathaus-Restaurant "Parlament" mutig probiert hat. "Das sieht aus wie Babybrei", sagte Bonnie und lächelte tapfer. Zum Glück gab's dazu ein Alsterwasser. Und mehr Hamburg geht ja nun nicht.