Vielen ist der gestrige Kirchentag, der vor vierzehn Jahren als Feiertag abgeschafft wurde, nicht im Gedächtnis geblieben.

Hamburg. Buß- und Bettag. Vielen ist der gestrige Kirchentag, der vor vierzehn Jahren zugunsten der Finanzierung der Pflegeversicherung als Feiertag abgeschafft wurde, nicht im Gedächtnis geblieben. Grund genug für die fünf Hamburger Hauptpastoren, zu einem "Denk mal!-Tag" und "Moment des Innehaltens" aufzurufen. An fünf verschiedenen Orten der Stadt (Handelskammer, Handwerkskammer, Bürgerschaft und Senat, Haspa) trafen sich Alexander Röder (St. Michaelis), Kirsten Fehrs (St. Jacobi), Christoph Störmer (St. Petri) und Johann Hinrich Claussen (St. Nikolai) zu Gesprächen. Dabei ging es um Dumpinglöhne und Verantwortung in der Wirtschaftskrise, um Politikverdrossenheit und ethisches Handeln. Ulrike Murmann, Hauptpastorin in St. Katharinen, war zu Besuch beim Hamburger Abendblatt, sprach mit Mitarbeitern der Redaktion über die Verantwortung eines Massenmediums und einer Volkskirche.

In ihrer Mittagspause diskutierten sie über eine neue Chance für den Buß- und Bettag. "Die protestantischen Bußtage gibt es seit der Reformation und wurden vor allem in Krisenzeiten stark genutzt. Viele denken bei Buße immer an Strafen", sagte Ulrike Murmann. Und ergänzte: "Dabei hat es weniger damit zu tun, die Götter gnädig zu stimmen, sondern, wie Martin Luther schon sagte, persönliche Haltung und Sinn zu wandeln", sagte sie. Gerade in der heutigen Gesellschaft sei ein Tag zum Nachdenken über die Werte der Gesellschaft wichtig. Man solle überlegen, wohin wir gehen und welche Ziele wir haben. Die Hauptpastorin stellte in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der Gerechtigkeit in unserer Stadt und was jeder Einzelne dafür tue.

Das Hamburger Abendblatt, so betonten die Redakteure, versuche die Themen der Menschen zu diskutieren - und eine Bühne für die Vielzahl von Meinungen zu sein. Die Zeitung übersehe nicht die sozial Benachteiligte und richte mit Reportagen aus Hamburger Brennpunkten den Blick auf die weniger Privilegierten in der Stadt. Bei dem Projekt "Schüler machen Zeitung" engagieren sich zudem viele Schüler mit ausländischen Wurzeln. In ihren Artikeln können sie Stellung beziehen zu Themen, die sie berühren.

"Wo wird hier die Kirche aktiv?", wollten die Journalisten wissen. "Für uns als Kirche ist es sehr wichtig, vor allem in Stadtteilen, in denen es weder ein Gemeindezentrum noch ein Gebetshaus mehr gibt, trotzdem unsere Arbeit und Hilfe anzubieten", sagte Ulrike Murmann. Auch durch die Seelsorger in Krankenhäusern und durch die intensive kirchliche Arbeit in Kitas und Schulen könne eine festere Bindung und die Überwindung von Berührungsängsten mit dem christlichen Glauben und der protestantischen Kirche entstehen, meinte ihre Referentin Susanne Raubold.

Murmann ermunterte die Redaktion zu einer ausführlicheren und würdevollen Berichterstattung über Randgruppen schwierig, auch wenn des nicht immer einfach sei. Mit der Einsicht, dass man sich nicht ausgewogen um die Randgruppen kümmere, sei jedoch nach Ulrike Murmanns Ansicht schon viel gewonnen. "Buße bedeutet, darüber nachzudenken, was wir aus dem Blick verloren haben", sagte sie. Es sei ein erster Schritt, sich dessen bewusst zu werden, auch wenn man nicht gleich Vorschläge zur Verbesserung der Situation habe. Wichtig sei, Mut zu haben und auch einmal Nein zu etwas zu sagen. "Was ich bin und was ich tun kann, verdanke ich zu einem großen Teil den Fähigkeiten, die Gott mir gegeben hat", sagte Ulrike Murmann.