Der Fall

Hubert H. (56) von der Uhlenhorst ahnte nichts Böses, als er im Internet surfte: Der technische Leiter eines Gebäude-Managements hatte Geschäftstermine, suchte auf der Webseite Direkt-Routenplaner, wie er am besten dort mit dem Auto hinkommt. Doch: Kurze Zeit, nachdem der Manager dort seine Daten eingegeben hatte, bekam er unliebsame Post: eine Rechnung über 59,95 Euro mit der Erklärung, er habe einen zwölfmonatigen Zugang zu dem Routenplaner abonniert. Es folgten Mahnungen von einem Inkasso-Büro. Hubert H. ist empört: "Ich habe niemals bewusst einen kostenpflichtigen Zugang zu einem Direkt-Routenplaner beantragt oder bestätigt", schrieb er dem Leserbotschafter und bat um Hilfe: "Was soll ich tun?"

Die Recherche

Der Leserbotschafter hakt nach - und enthüllt: Als Inhaber der Webseite entpuppt sich eine Firma namens "Go Web Ltd.", als Kontaktnummer wird eine 0180er-Nummer angegeben, jeder Anruf kostet 14 Cent. Dort geht niemand ans Telefon. Recherchiert man im Internet den Namen, kommen reihenweise Beschwerden von Betroffenen, ein Forum von Gleichgesinnten. Nachfrage bei der Hamburger Verbraucherzentrale, dort ist eine solche unseriöse Masche bekannt. "Immer wieder fallen Verbraucher in die sogenannte Abo-Falle", weiß Edda Castello von der Einrichtung. "Dutzende Beschwerden erreichen uns täglich." Die Methode: Den Surfern wird oft allerlei kostenlos versprochen, von Kochrezepten, über Warenproben bis eben zur Routenplanung. Oft seien die Angebote nur Tricks, um den Verbraucher dazu zu bringen, seine Adresse, Namen und Geburtsdatum zu nennen, sagt Verbraucherschützerin Castello. "damit ist man schon in die Falle getappt." Rechnung und Mahnung folgen, mit der dreisten Behauptung, man habe einen Vertrag abgeschlossen.

Die Zivilrechtslage ist eindeutig: Solange der Preis nicht klar und deutlich dem Verbraucher angezeigt wurde, kommt ein entgeltlicher Vertrag nicht zustande, muss man also nichts zahlen. "Man sollte in keinem Fall zahlen", sagt Edda Castello. Hat man gezahlt, ist die Chance, das Geld wiederzubekommen, indes gering. Denn: An die zwielichtigen Unternehmen, die ihre Niederlassungen meist als britische Limiteds (Ltd) irgendwo im fernen Ausland haben, ist unter anderem wegen meist fehlender Rechtshilfeabkommen schwer oder überhaupt nicht heranzukommen. Die Frage, ob sich die Unternehmen strafbar machen, ist noch nicht endgültig entschieden. Zwar ermittelten die Staatsanwaltschaften gegen solche Firmen, doch: Ob das Verhalten strafrechtlich einen Betrug darstellt, ist umstritten. Einige Gerichte verneinen eine Täuschungshandlung, höchstrichterliche Entscheidungen stehen dazu noch aus. "Wir haben in den vergangenen Jahren rund 10 000 Beschwerden wegen Abo-Fallen", sagt Oberstaatsanwältin Doris Müller-Scheu von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt, wo sich viele der dubiosen Firmen tummelten. "Inhaber solcher Webseiten passen sich oft schnell an, machen neue Webseiten mit anderen Namen auf."

Das Ergebnis

Hubert H. muss die 59,95 Euro nicht bezahlen, weil auch in seinem Fall kein wirksamer Vertrag zwischen ihm und dem Webseiten-Inhaber zustande gekommen ist, also auch kein Zahlungsanspruch besteht. "Danke für die Hilfe", sagt der Manager. "Aber trotzdem, es bleibt ein mulmiges Gefühl, ich werde jetzt vorsichtiger im Internet surfen." Ein Trost bleibt ihm: Selbst Bürgermeister Ole von Beust tappte einmal in eine solche Abo-Falle: Er hatte sich im Internet ein Rezept für ein Gulasch mallorquinischer Art herunterladen wollen. Dafür sollte er 30 Euro pro Jahr zahlen, weil er angeblich ein zweijähriges Abo abgeschlossen hatte. Er musste auch nicht zahlen, weil das Abo auf der Webseite versteckt war - und damit der Vertrag unwirksam.

So erreichen Sie den Leser-Botschafter: Schicken Sie bitte Ihre Alltagsärger-Fälle, kurz skizziert, mit Ihrer Telefonnummer per E-Mail an: Leserbotschafter@abendblatt.de oder an: Leser-Botschafter Ralf Nehmzow, Chefredaktion Hamburger Abendblatt, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg.