Ob Wela-Suppen, Wundersteine oder Zauberstäbe - viele Kunden entdecken die Messeklassiker ihrer Kindheit neu.

Hamburg. Das Ding ist ein Wunder. Schwört die Verkäuferin. Damit geht alles - und noch viel mehr. Die Rede ist, per Lautsprecher verbreitet, von einem Stein, der gar keiner ist. Beim angepriesenen Objekt handelt es sich um eine harte Paste in grüner Dose. Markenname: Zielinsky's Universal-Stein.

Norbert Zielinsky, ausgeschlafener Unternehmer aus Uplengen/Stapelermoor in Ostfriesland, erfand die geheimnisvolle Reinigungsmixtur vor einem viertel Jahrhundert. Seitdem, so heißt es, geht es den Kundinnen gut. Und Herrn Zielinsky auch.

Rund 60 Mitarbeiter leben heute vom Mirakel in der Dose. Irgendwas muss dran sein am Stein. Denn während einer zehnminütigen Spontanstudie steuern mehrere Damen zielsicher Stand 823 in Halle B7 an. Ohne viele Worte wechseln Bargeld und Döschen die Besitzer. "Das Teil ist sensationell", sagt eine mittelalte Dame im beigefarbenen Popelinmantel. "Ich schwör seit Jahren drauf."

Nicht wenigen der gut 25.000 Besuchern erging's am Wochenende ähnlich. "Du und Deine Welt" - dieses Messemotto ist wörtlich zu verstehen. "Die Stammkundschaft hält uns die Treue", bestätigen Hanna, Gisela und Margot (allesamt im Kittel) am Wela-Suppenstand unisono. Nicht nur weil die Probierportionen gratis verteilt werden. Besonders gut gehen Klare Delikatesssuppe, Gold Gemüsebouillon und Waldpilzcremesuppe. "Erstklassiger Geschmack", befinden Brigitte und Peter Schuhr aus Rahlstedt. Ohne eine Tasse Wela keine Messe, ganz einfach ist das. Hier ist Treue noch mehr als ein Wort.

Seit wann die Firma in Hamburg präsent ist, weiß selbst der Chef nicht ganz genau. Eine Dame mit Pelzjacke bringt ihre Einschätzung so auf den Punkt: "Eigentlich immer schon." Tatsächlich können sich viele Besucher noch an Waren aus ihrer Kindheit erinnern, die bei "Du und Deine Welt" auch heute noch angeboten werden.

Umso erstaunlicher, dass der Anteil jüngerer Kunden - oftmals auch mit Kindern - hoch ist. Die Junioren zieht es in den Märchenwald, gen Eisbahn oder ins Scherenschnitt-Paradies. Derweil stellen Eltern fest, dass auch kostenlose Angebote ihren Preis haben: Wer gratis zugreift, muss widerstandsfähig sein, um den professionellen Verkäufern Paroli bieten zu können. Denn schnacken, das ist damals wie heute so, können sie in den Hallen unterhalb des Fernsehturms wie die Weltmeister. Vielleicht die Nummer eins unter mehreren Sieganwärtern ist René. Der Mann an einem Küchenmaschinen-Stand ("Oskar - the best") hämmert einen Kalauer nach dem anderen (siehe Kasten) in das kleine Funkmikrofon vor seinem Mund. Eben daran hängen die umstehenden Damen. René, mit lila Hemd und gelber Schürze auch optisch auffällig präsent, tupft sich Schweiß von der Stirn. "Der Umsatz stimmt", sagt Kollege Christos. Immerhin kostet Oskar vor Ort "nur" 228 Euro - im Versand 60 Euro mehr.

Von allen Seiten dröhnen Werbebotschaften ins Ohr. Auf in Halle B6. Auch dort werden teilweise Produkte feilgeboten, die es in Geschäften, wenn überhaupt, nur selten gibt. Und Internet? Für manchen auf der Messe ist das immer noch ein Fremdwort. Bei Vorwerk denkt man irgendwie eher an Loriot, bei Möbel-Prosch wird intensiv beraten, bei Master Gartengeräte das Sortiment inbrünstig vorgeführt. Willi Weber in Halle B5 organisiert seinen Schmuckvertrieb in weiten Teilen über Messen. Und wer den legendären ESGE-Zauberstab, seit Jahrzehnten Messeklassiker, von Nahem sieht, fühlt sich an wunderbare Wirtschaftswunderzeiten erinnert. So alt der Meister für Schlagsahne oder Pudding ist, so jung ist Promoterin Jessica. Im Nu macht sie ein Waldfrucht-Sorbet, verteilt kleine Becher an die Zuschauer. Applaus.

In anderen Hallen werden auch Hightech-Produkte, futuristisches Spielzeug und jede Menge Fitness- oder Gesundheitsangebote offeriert, den typischen "Du und Deine Welt"-Charme finden Fans an angestammter Stätte: in den Hallen mit Küchen- oder Speisenangebot. Dort, wo das Marktleben tobt.

Zum Abschied führt der Weg noch mal bei Zielinsky's Universalstein vorbei. Muss sein. "Geht für Auto, Fahrrad, Küche, Schuhe", verspricht Messe-Urgestein Ilona Klopp in gekonnter Rhetorik, "löst Fett, Kalk, Ruß, Moos und Schimmel." Überredet. 20 Euro. Her damit ...