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Abendblatt: Die Rotfloristen geben vor, einen Vertrag zu haben. Doch laut Kaufvertrag, der dem Abendblatt vorliegt, nutzt der Flora-Verein, ohne einen Vertrag mit Hamburg oder dem Eigentümer Kretschmer zu haben.

Jürgen Warmke-Rose: Der Verein braucht nur einen Vertrag mit dem Grundeigentümer.

Klausmartin Kretschmer: Es gibt keinen Vertrag, nur einen Entwurf von 2001, der von den Nutzern nicht unterzeichnet ist.

Abendblatt: Der Eingang der Roten Flora ist für normale Hamburger in der Regel verschlossen. Doch laut Kaufvertrag soll dort ein gemeinnütziges Stadtteilkulturzentrum betrieben werden. Sehen Sie den Vertrag erfüllt?

Warmke-Rose: Das mit dem Stadtteilkulturzentrum stimmt. Was da läuft, hat nur wenig mit Stadtteilkultur zu tun.

Abendblatt: Hat der Verein eine Getränke-Konzession?

Warmke-Rose: Nein.

Abendblatt: In welcher Form ist der Bezirk Altona für die Rote Flora zuständig?

Warmke-Rose: Wir sind Bauprüf- und Bauplanungsbehörde und diejenigen, die mit derAnwendung des Sanierungsrechts zu tun haben. Deswegen sind wir auch in Kontakt, weil wir unsere Zuständigkeiten auch wahrnehmen. Andere Behörden sehen das möglicherweise anders.

Abendblatt: Das Ganze wirkt dennoch sehr extrerritorial. Das kann Ihnen nicht gefallen.

Warmke-Rose: Deswegen reden wir - der Bezirk und der Eigentümer -, ja miteinander.

Abendblatt: Gibt es einen Anlass?

Warmke-Rose: Für uns ist maßgeblich, dass Herr Kretschmer als Grundeigentümer jetzt Kontakt sucht und übermittelt, er möchte Grundeigentümer bleiben und vertragsgemäße Zustände in der Flora herzustellen.

Abendblatt: Aber Duldung ist einseitig.

Warmke-Rose: Die Frage ist jetzt aber, welche möglichen Veränderungen der Nutzung hin zu mehr Stadtteilkultur als heute kann man initiieren?

Abendblatt: Wir sind gespannt.

Warmke-Rose: Das ist jetzt der Beginn der Überlegungen, aber wir entziehen uns dem Dialog über diese Fragen nicht.

Abendblatt: Mit d e r Vita ist es aber doch illusorisch zu glauben, dass die Flora jemals ein normales Stadtteilkulturzentrum werden kann.

Kretschmer: Deswegen ist es umso schwieriger, weil sich die geduldeten Personen der Diskussion total entziehen.

Abendblatt: Ist dasein rechtsfreier Raum, wo Sie sich als Amtsleiter am Nasenring durch die Arena führen lassen müssen?

Warmke-Rose: Im Gegenteil. Zwischen 2004 und 2007, als das Bezirksamt Altona nicht zuständig war, gab es noch nicht mal Kommunikationswege. Es war komplettes Wegsehen der zuständigen Kommunalbehörde. Uns ist es gelungen, seit Februar 2008 diese Wege aufzubauen, die auch wichtig waren, um dort deeskalierend zu wirken. Wenn dort Abläufe wären, die wir nicht dulden könnten, würden wir selbstverständlich dort durchgreifen. Ein Gefahrenpotenzial, das von Haus oder Grundstück ausgeht, können wir nicht dulden.

Abendblatt: Es heißt, Sie bezweifeln dass die Rot-Floristen ein Stadtteilzentrum dort betreiben und würden überlegen, die Duldung zurückzuziehen. Ist die Geschäftsgrundlage, nach der ein Stadtteilzentrum betrieben werden muss, noch gegeben?

Kretschmer: Ich bin kein Jurist. Das lasse ich gerade prüfen und möchte in ein Gespräch darüber kommen. Beim letzten Termin, eine Brandverhütungsschau, dazu wurde ich von meinem Anwalt informiert, dass meine Anwesenheit nicht gewünscht sei.

Abendblatt: Ist es nicht so, dass Sie schon jetzt eine Räumung der Roten Flora durch die Polizei bewirken könnten, wenn Ihnen danach wäre?

Kretschmer: Ich appelliere immer noch, dass man die Nutzungveränderung mit den Menschen macht und nicht gegen sie. Ich wüsste aber auch gern: Wer ist eigentlich mein Ansprechpartner?

Warmke-Rose: Irgendeiner müsste für die Stadt auf ministerieller Ebene sagen, wir sind dafür federführend zuständig.

Abendblatt: Dass der Schwarze Peter so hartnäckig zwischen den Behörden hin und her wandert, kann ja auch Absicht sein.

Warmke-Rose: Ich würde den Kollegen da nie Absicht unterstellen.

Kretschmer: Wir brauchen eine Zeitachse. Und die dringende Frage ist: Ist das möglich mit der Flora, wie sie jetzt ist oder nicht?

Abendblatt: Wann ist Ihre Geduld zu Ende?

Kretschmer: Ich würde mich ja nicht äußern, wenn ich zufrieden wäre. Wenn man etwas duldet, ist einem das relativ egal. Aber seit Anfang des Jahres ist es mir nicht mehr egal, sonst würde ich nicht die Gespräche suchen.

Abendblatt: Sind Sie nach den Drohungen angst- oder schmerzfrei?

Kretschmer: Ich bin Offizier gewesen und hatte daher auch mit solchen Themen zu tun.

Abendblatt: Das fordern Sie jetzt?

Kretschmer: Ich möchte in ein Gespräch, weil wir bisher nur in einer bestimmten Größenordnung sprechen und die Unterstützung der politischen Führung benötigen.

Abendblatt: Ist das Grundstück finanziell belastet?

Kretschmer: Nein.

Abendblatt: Es heißt, Sie würden die Meldungen von Kaufangeboten oder Hinweise, auf mögliche Krawalle nutzen, um von der Stadt andere Grundstücke zu erhalten. Stimmt das?

Kretschmer: Nein, das habe ich niemals angeregt. Ich möchte die offenen Punkte geklärt haben, weil ich sehe, dass die Rote Flora die Gesellschaft nicht nach vorn bringt.

Abendblatt: Wie soll es jetzt weitergehen?

Kretschmer: Wir müssen einen adäquaten Ansprechpartner finden, um dies unter anderen Gesichtspunkten zu erörtern und Lösungswege zu finden.

Warmke-Rose: Genau. In zwei Richtungen – auf die heutigen Nutzer und die Frage, in wie weit sie sich an der Verbesserung des jetzigen Zustands beteiligen wollen. Und auf Hamburgs Verwaltung, wer diesen Prozess begleitet.

Kretschmer: Wenn sich die Nutzer nicht bis zu einer gewissen Zeitgrenze bewegen, dann müssen wir andere Wege ohne sie suchen. Wann die Zeitgrenze kommt, stimme ich mit dem Bezirk Altona ab.