Rotor-Betreiber Manfred Pluschies, Präsident des Schaustellerverbands Hamburg, über Kirmes, Kinder und Krise.

Hamburg. Er ist der Mann, bei dem schon Filmstar Sophia Loren ganz schwindelig wurde vor Glück. Und dem Paris Hilton zum Abschied flüsterte: "It was nice." So schön fand es die blonde Hotelerbin auf dem Oktoberfest, sich im Karussell Rotor ausnahmsweise mal physisch im Kreis zu drehen, dass sie vor Vergnügen quietschte. In jenem "Fliehkraft-Theater", mit dem Manfred Pluschies (56) und seine Familie noch bis zum 6. Dezember auf dem Winterdom sind. Das etwa 1,3 Millionen Euro teure und 85 Tonnen schwere Fahrgeschäft sei bundesweit einzigartig. "Ein Unikat mit Tradition", sagt Pluschies im Wohnwagen-Wohnzimmer.

Denn es ist schon mehr als 40 Jahre her, dass sein Vater Richard Pluschies einem Münchner Ingenieur den ersten Rotor abkaufte - damals für 180 000 Mark, das Patent inklusive. Vorher war die Hamburger Schausteller-Dynastie mit einer Schaubude über die Rummelplätze der Republik getingelt. "Aber damit hätten wir langfristig keine Schnitte mehr gesehen, ein Karussell musste her", erzählt Manfred Pluschies, der im Wohnwagen in Frankfurt am Main geboren wurde und mit den Eltern von Kirmes zu Kirmes reiste. Bis er sich als junger Mann auf dem Bremer Freimarkt in seine heutige Ehefrau Carla verliebte ("Ihre Vorfahren waren vermutlich schon bei Christi Geburt als Gaukler unterwegs") und sich Ende der 70er-Jahre mit ihr gemeinsam selbstständig machte. Zunächst mit einer Geisterbahn, bevor sie später den väterlichen Betrieb übernahmen und zwei weitere "Rotoren" bauen ließen.

Ja, irgendwie werde doch immer innerhalb des Gewerbes geheiratet, sagt Carla Pluschies (56). "Jemand, der das Schausteller-Gen nicht hat, kommt mit diesem harten Leben nicht klar." Morgens um 7 Uhr starten Manfred Pluschies und seine Familie in einen Tag, der meist nicht vor 3 Uhr nachts zu Ende geht. Morgens werden zunächst die vier festen Mitarbeiter geweckt, dann wird das Karussell gewartet, defekte Lichter ausgewechselt. Anschließend müssen Bewerbungen für die nächste Saison geschrieben werden. "270 Volksfeste schreiben wir an. Wenn wir gut sind, sind wir pro Jahr auf 14 Veranstaltungen vertreten", sagt Tochter Sandra Pluschies (35), die mit Ehemann Alexander den Rotor mittlerweile hauptsächlich betreibt.

Auch weil Manfred Pluschies noch eine andere Aufgabe hat: Seit dem Frühjahr ist er Präsident des Schaustellerverbands Hamburg, der heute 125-jähriges Bestehen feiert. Er kümmert sich um die Sorgen der 200 Mitglieder, verwaltet mit ihnen einen Werbeetat von knapp einer Million Euro und vertritt gegenüber der Kulturbehörde die Interessen der Schausteller. "Es geht im Vorfeld zum Beispiel darum, wo welche Bude steht. Es gibt Faktoren wie Lautstärke, die können wir einfach am besten einschätzen." Aber natürlich gehe es in diesen Zeiten auch um die Krise. "Wir rechnen zwar damit, dass uns 31 Tage Winterdom rund vier Millionen Besucher bescheren. Aber die Umsätze gehen trotzdem zurück." Gerade die Betreiber von Kinderkarussells hätten es schwer, zu deutlich spüre man den demografischen Wandel.

Für den Rotor seien die Kartenpreise (3 Euro für Erwachsene, 2 Euro für Kinder) in den vergangenen Jahren in Hamburg nicht erhöht worden. An schlechten Tagen kommen 30 Besucher, an sehr guten bis zu 1000. "Wir wollen den Besuchern mit höheren Preisen nicht die Domromantik zerstören, so ein Bummel muss auch für Familien erschwinglich bleiben", sagt Manfred Pluschies. Obwohl des Geschäft knallhart sei und die Kosten für Transport, Standmiete, Energie und Versicherungen stetig steigen. "In Gegenden, wo Firmen pleitegegangen sind oder Kurzarbeit einführen, leidet natürlich auch unser Geschäft sehr", sagt Manfred Pluschies.

Ein anderer Beruf sei für ihn trotzdem nie infrage gekommen. Auch nicht für Tochter Sandra und deren Geschwister Mandy und Richard, die mit jeweils eigenen Betrieben auch als Schausteller unterwegs sind. Sandras Söhne Calvin (10) und Mick (6) leben in Hamburg bei Pflegeeltern, wenn Sandra und ihr Mann auf Reisen sind. "So bekommen sie eine solide Schulausbildung an einem festen Ort, können später jeden Beruf ergreifen." Vielleicht werden die beiden Jungen später aber auch die nächste Generation der Dom-Dynastie Pluschies sein.

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