Der Unternehmer Ferdinand Bach will den Wirkstoff auf den Markt bringen. In der Ukraine ist er schon zugelassen.

Hamburg. Ferdinand Bach (61) hat das Zeug zum Helden. Einer dieser Helden, die unerkannt bleiben, weil sie sich für etwas engagieren, das wenig Beachtung erfährt. Dabei kämpft der Hamburger bereits seit Jahren mit seinem Unternehmen Oncoscience aus Wedel unermüdlich für die Entwicklung und Zulassung eines neuen Krebsmedikaments. Er steckt nicht nur eigenes Geld in das Projekt, er warb auch Freunde und Bekannte als Investoren. "Oncoscience ist eine erweiterte Familien-AG, die nicht börsennotiert ist. Andere bringen ihr Geld zur Spielbank, oder geben es für schöne Dinge aus. Wir haben einen Teil meines Geldes hier eingebracht", sagt der Unternehmer.

Dabei ist nicht nur der Einsatz von Bach etwas ganz Besonderes, es ist auch die Geschichte seines Unternehmens und die des Medikaments. Denn das Präparat mit dem Namen Nimotuzumab wurde in einer europaweit einzigartigen Zusammenarbeit auf Kuba entwickelt und dort auch produziert. Die sozialistisch regierte Insel ist bereits seit 50 Jahren von der westlichen Welt abgeschnitten. Umso erstaunlicher erscheint es, dass gerade von dort eine solch bedeutende biotechnologische Entwicklung kommt. Oder auch nicht, erklärt Bach.

"Bereits vor 20 Jahren hat die Regierung von Kuba Biotechnologie als Erfolg versprechenden Forschungsbereich erkannt und begonnen, sich hier zu engagieren." Der Pharmamarkt sei in weiten Teilen von den USA dominiert und der kleine Staat habe wegen des Embargos keine Chance gehabt, an die richtige medizinische Hilfe zu gelangen. "Also hat Fidel Castro kubanische Wissenschaftler nach Europa ausgesandt, um sie an den Universitäten ausbilden zu lassen." Zurück zu Hause seien weitere Kubaner ausgebildet worden, schnell entstand ein eigener Sektor. Heute arbeiten in der Biotechnologie, in und um Havanna, nach Angaben von Bach 17 000 Menschen.

Der Unternehmer hat Oncoscience 2001 gegründet. Seine Idee: sich um die Zulassung von Medikamenten zu bemühen, für die sich Pharmakonzerne aufgrund der geringen Fallzahl nicht interessieren, sogenannte Orphan-Drug-Indikationen. "Die Pharmaunternehmen konzentrieren sich auf die Entwicklung von Medikamenten, die massenmarktfähig sind", sagt Bach, der selbst zuvor für ein solches Unternehmen gearbeitet hat. Doch es müsse auch Firmen und Menschen geben, die sich für Präparate interessieren, die einer kleinen Gruppe kranker Menschen helfen können.

Kurz nach der Firmengründung bekam er aus Kuba das Angebot, sich um die Lizenz von Nimotuzumab in Europa zu kümmern. "Große Firmen waren daran nicht interessiert, weil wegen des Ursprungs des Medikaments der wichtige Markt USA wegfällt", sagt Bach. So entstand 2003 der - wie er augenzwinkernd sagt - "erste Vertrag der westlichen Welt mit einem Antikörper aus Kuba". Von der Zusammenarbeit mit den Kollegen auf der Karibikinsel schwärmt er. "Wenn wir Nachfragen haben, werden die umgehend beantwortet. Und können die Forscher sie nicht beantworten, erarbeiten sie sich die Lösung." Einzig die Lieferung der Geräte nach Kuba werde manchmal erschwert.

Die Wirkungsweise von Nimotuzumab basiert darauf, dass ein sogenannter Antikörper an der Krebszelle andockt und damit deren weiteres Wachstum verhindert. Die ersten klinischen Studien zeigen nach Angaben von Bach bereits Erfolge. Im UKE, wo derzeit auch an einer Studie über das Medikament gearbeitet wird, befürwortet man so auch das Engagement von Bach. "Das Präparat kann ein weiterer Schritt sein in der Verbesserung der Behandlung von Krebserkrankungen", sagt Professor Stefan Rutkowski, der sich seit längerer Zeit mit Nimotuzumab beschäftigt. Der Bedarf für Präparate, die auch bei selteneren Krebserkrankungen wirksam sind, sei groß. "Wir brauchen hier neue Medikamente, die vielleicht in Kombination mit anderen Präparaten helfen können", so Rutkowski. Den Einsatz von Firmen wie Oncoscience lobt er. "Der finanzielle und zeitliche Aufwand für eine Zulassung ist groß. Die Unternehmen müssen daher ihr Engagement genau abwägen."

Das weiß auch Bach. Ihm ist klar, dass die Zulassung eines Medikaments im Schnitt zwölf Jahre dauert, dennoch wird er von Tag zu Tag ungeduldiger. "Ich muss mich ermahnen und mir sagen, dass Sorgfalt besonders wichtig ist." Schließlich sei der Prozess erst im fünften Jahr. "Und wir haben mit dem Unternehmen noch einige Jahre einkalkuliert." Es gebe aber Momente, in denen ihm durch den Kopf geht: "Das muss doch gehen."

Erste Erfolge hat Bach aber bereits mit Nimotuzumab erreicht. Erfolge, die ihn weiter kämpfen lassen. Die Hoffnung auf einen Durchbruch machen. In der Ukraine ist der Wirkstoff schon zur Behandlung von Hirntumoren und Kopf-Hals-Tumoren zugelassen. In wenigen Tagen will das Unternehmen nun in London das Verfahren zur Erlaubnis für das restliche Europa starten. "Dann können wir endlich mit der Behandlung beginnen", sagt Bach. "So nähern wir uns einer Bekämpfung dieser Krankheit vielleicht ein bisschen mehr."