Erstmals leitet eine Frau das Seewetteramt. 59-Jährige kämpfte lange gegen Vorurteile in der Männerdomäne, bis die Kollegen sie akzeptierten.

Hamburg. In ihrem Büro stehen Kisten. Darauf Bilder und Unterlagen. Gudrun Rosenhagen (59) sitzt auf gepackten Koffern. Der Umzug in das neue Zimmer soll erst in den kommenden Wochen stattfinden. Ein wenig spät, aber das stört die große Frau mit den kurzen Haaren nicht. So lange leitet sie einfach von hier, mit Blick auf die Elbe, den Hamburger Standort.

Seit dem 1. Oktober ist die studierte Meteorologin die neue Niederlassungsleiterin des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Hamburg. Und damit die erste Frau an der Spitze dieser Behörde mit rund 300 Mitarbeitern in ganz Norddeutschland. "Dieser Schritt kam schon überraschend", sagt sie über ihre Ernennung. Und: "Es macht mich stolz, noch einmal eine solche Chance zu bekommen."

Das ganz besonders deshalb, weil sie sich damit in einer Branche behauptet, die bis heute eine Männerdomäne ist. "Als ich in den 70er-Jahren beim DWD in Hamburg anfing, wurde mir von einigen männlichen Kollegen erklärt, man könne mich dort nicht gebrauchen", so Rosenhagen. "Damals hieß es noch, eine Frau an Bord bringe Unglück - und die Arbeit am Seewetteramt führt ja immer wieder aufs Wasser." Doch sie ließ sich von diesen Äußerungen nicht beeindrucken. "Ich war dann eine der ersten Frauen auf See und leitete die Bordwetterwarte auf dem Fischereiforschungsschiff 'Walther Herwig'." Mit gerade einmal 25 Jahren setzte die tatkräftige Frau also schnell Zeichen.

Immer wieder übernahm Gudrun Rosenhagen in den darauf folgenden Jahren eine Vorreiterrolle. So pausierte sie auch mit zwei Kindern nicht, sondern arbeitete halbtags weiter. "Damit war ich Ende der 70er-Jahre noch eine echte Besonderheit", sagt sie. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Mann Wolfgeorg, der zwischenzeitlich kürzertrat, um ihr die Chance zu geben, weiter zu arbeiten. "Ohne seine Hilfe hätte ich das nicht verwirklichen können und wäre sicherlich auch nicht da, wo ich jetzt bin", sagt sie, und die Worte klingen aus ihrem Mund nicht pathetisch sondern einfach ehrlich.

Ihre Karriere beim DWD begann im Jahr 1973. Rosenhagen hatte in Hannover und München Meteorologie studiert und absolvierte über zwei Jahre ihr Referendariat beim Wetterdienst. Es folgten Stationen beim Wirtschaftswetterdienst des Seewetteramtes Hamburg. Mittlerweile arbeitet Gudrun Rosenhagen seit über 20 Jahren in der Klimatologie. Dort erstellt sie Gutachten für Bauten oder andere Projekte in Übersee und auf den Ozeanen. Seit einigen Jahren untersucht die gebürtige Niedersächsin die Auswirkungen des Klimawandels auf die Seeschifffahrt, auf Hamburg und sein Umland, und sie leitete mehrere Projekte zum Küstenschutz. "Meine Aufgaben als Leiterin des Referats maritime Klimaüberwachung werde ich weiter wahrnehmen", sagt sie. Hier untersucht und erfasst die Meteorologin mit ihrem Team das Klima der ganzen Welt.

Und damit auch dessen Veränderung. Fragt man die Expertin nach diesem immer wieder diskutierten Thema, wird sie ernst. "Manches Mal ist mir schon unheimlich, was da passiert", sagt sie. Und das besonders, weil das, was da geschehe, nicht voraussagbar sei. "Als persönliche Bedrohung empfinde ich es nicht, aber es ist eines der wichtigsten Themen unserer Zukunft."

Über ihre inhaltliche Arbeit hinaus hat die neue Niederlassungsleiterin auch für den DWD in der Hansestadt Pläne. "Dem Hamburger Standort noch mehr Gewicht geben, das ist eines meiner großen Ziele für die nächste Zeit", sagt Rosenhagen. "Und dabei den Kontakt zur Hamburger Wirtschaft, den Behörden und der Wissenschaft verstärken." Sie möchte, dass der DWD hier vor Ort sichtbarer wird, präsenter. Und das auch in den Köpfen aller Hamburger. "Denn der Standort hat eine ausgesprochen wichtige Rolle."