Es erinnert an Don Quichotte: Er kämpft gegen einen übermächtigen Apparat auf verlorenem Posten - wie der Ritter von der traurigen Gestalt.

Hamburg. Rolf Geffken sitzt in seiner Harburger Kanzlei. Stocksauer sei er, sagt der Arbeitsrechtler. Seit Sommer 2008 können Internetnutzer seine Webseite in China nicht mehr aufrufen. Geffken wittert eine "Strafaktion der chinesischen Behörden" - wegen Unbotmäßigkeit. Denen habe es wohl nicht geschmeckt, dass auf seine Initiative hin zur ersten deutsch-chinesischen Anwaltskonferenz in Tianjin im Juni 2008 auch Menschenrechtsanwälte aus Fernost eingeladen wurden.

Nun sei die Rede von einer "technischen Störung". Geffken hält das für "Quatsch". Besonders bitter: Durch die Blockade der Seite entgingen ihm Klienten aus China. "Das kommt einem Berufsverbot gleich und verstößt gegen die Regeln der Welthandelsorganisation."

Noch enttäuschender sei für ihn die lasche Unterstützung von deutscher Seite. Geffken hatte Axel Filges, Präsident der Bundesanwaltskammer, als Mitstreiter gewonnen, der seinen Fall als "Skandal" an Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) herantrug. In einem Schreiben verwies die Politikerin auf die Auskunft des chinesischen Außenministeriums, nach der die Blockade "technischer Natur" sei, und empfahl dem Anwalt: Durch einen Wechsel des Providers ließe sich das Problem womöglich "einfach und schnell" lösen. Für Geffken ein weiterer Beleg für den samtpfötigen Umgang mit den Asiaten. Die Ministerin habe sich die Position der chinesischen Seite "völlig unkritisch" zu eigen gemacht. "Ich fühle mich verraten und verkauft", sagt Geffken. Eine Sprecherin des Ministeriums konstatiert: "Wir haben das uns Mögliche getan."

Der Einladung der Regimekritiker allein lastet der streitbare Anwalt die Blockade seiner Webseite nicht an. Seit fünf Jahren ist er aktiv am deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog beteiligt. "Vielleicht empfinden die Chinesen meine kritische Position als Provokation, wollen ein Exempel an mir statuieren", sagt er. Hintergrund: Mit Verve setzt sich der Anwalt für einen "offensiveren" Dialog mit den Chinesen ein: Auch prekäre Themen wie das Migrantenrecht oder die Korruption der chinesischen Justiz müssten zur Sprache gebracht werden. Stattdessen würden solche Komplexe in "vorauseilendem Gehorsam" aussortiert - vor allem durch die "akademischen Teilnehmer" des Dialogs.

Mit der Kritik steht er nicht allein da: Auch der Rechtssinologe Robert Heuser hat bereits die "Hochschullastigkeit des Dialogs" gebrandmarkt. Doch unumstritten ist Geffken nicht: Einigen Kollegen gilt er als "Heißsporn", der übers Ziel hinausschießt.

Schützenhilfe erhält Geffken vom parteilosen Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Bundesrichter Wolfgang Neskovic, der eine kleine parlamentarische Anfrage in den Bundestag eingebracht hat: Ob die Bundesregierung die Untätigkeit im Falle Geffken "für ein geeignetes Signal an die chinesische Regierung im Rahmen der Fortführung des Rechtsstaatsdialogs" halte?

Geffkens Versuche, beim chinesischen Außenministerium eine Entsperrung der Seite zu erwirken, scheiterten bislang: Er wird wohl weiter gegen Windmühlen kämpfen müssen.