Miriam Collée (36) ist eine Frau, die die kleinen Missgeschicke des Lebens mit Humor zu nehmen weiß.

Hamburg. Im Laufe des vergangenen Jahres ist der Hamburger Journalistin das Lachen allerdings einige Male vergangen. Als etwa das Klo in ihrem Haus immer wieder überlief und die Familie Tupperdosen für etwas benutzen musste, für das die nun wirklich nicht gemacht worden sind. Als die Nachbarn die Telefon- und Internetleitung anzapften und eine horrende Rechnung produzierten. Oder als die Handwerker die Straße vor dem Haus aufrissen, und die Collées auf einmal gar kein Wasser mehr hatten ...

So viel zunächst einmal. Natürlich gibt es deutlich mehr zu erzählen aus dem ersten Jahr, das die Hamburgerin zusammen mit ihrem Mann Tobias (38) und ihrer Tochter Amélie (4) in Shanghai gelebt hat - Collée berichtet darüber in dem Buch "In China essen sie den Mond".

"Es war ein harter Kampf", sagt die zierliche blonde Frau bei einem Besuch in der Hansestadt. "Und es hat lange gedauert, bis ich das Leben in Shanghai lieb gewonnen hatte."

Wen wundert es: Die Collées hatten ihr Haus am schönen Alsterlauf verlassen, um mitten in die Metropole in ein typisches chinesisches Haus zu ziehen und nicht in eine der für Ausländer gebauten Wohnsiedlungen. Ein Fehler, weil die beiden Hamburger fast ein Jahr und damit bis zum nächsten Umzug brauchten, um ihr Zuhause bewohnbar zu machen. "Aus heutiger Sicht waren wir sicherlich ein wenig naiv", sagt Miriam Collée.

Da waren die Handwerker, die einfach nicht so arbeiten wollten, wie Familie Collée es aus Deutschland gewohnt war. Die Nachbarn, die ihren Müll gern einmal aus dem Fenster warfen. Oder Zugehfrauen, die ihr Fahrrad direkt in der Wohnung abstellen wollten. "Ich habe mir das Leben in einer Stadt wie Shanghai viel glamouröser und einfacher vorgestellt. Ich dachte, wir ziehen ins das New York des neuen Jahrtausends", so Collée. Heute, nach einem Jahr Erfahrungen mit einem System, das eben wirklich ganz anders ist als das unsrige, sagt sie: "Ich hatte eine große Erwartungshaltung, war zu Beginn viel zu hart in meinem Urteil und habe den Menschen oft Unrecht getan."

Zum Beispiel, wenn es um das Thema Freiheit ging: "Als ich einmal eine Chinesin auf ihre Unfreiheit ansprach, verstand sie mich nicht." So hätte sie als Antwort bekommen: "Was wollt ihr eigentlich immer mit eurer Freiheit? Wir haben Ausbildung, Essen und einen Job. Und das hat unsere Regierung in den vergangenen 20 Jahren geschafft." Es sei so viel in so kurzer Zeit in dem riesigen Land passiert. "Das ist es, was die Chinesen erleben. Deshalb können sie ihr politisches System gar nicht so kritisch sehen, wie wir es immer tun", sagt Miriam Collée. Das Bild, das die westlichen Medien zeichnen würden, sei aus ihrer, der Journalistensicht, einseitig. "Die Chinesen, denen ich begegne, sind nicht unglücklich. Sie sind stolz auf das, was sie geschafft haben."