Ein 30-jähriger Bulgare hat einen Antiquitätenhändler in Rotherbaum erwürgt - weil er seinen Lohn nicht gezahlt hatte.

Hamburg. Sechs Monate in U-Haft haben Stefan D. sichtlich zermürbt. Eine schmächtige Statur hatte der kaum 60 Kilo schwere Bulgare schon immer. Doch gestern wirkt der Mann, der einen 63-jährigen Antiquitätenhändler getötet hat, fast zerbrechlich. Und kraftlos, als er in seinem Schlusswort mit dünner Stimme um Verzeihung bittet. "Es tut mir so leid, ich bin sehr traurig", flüstert er. Als der Richter das Urteil verkündet, faltet er die Hände zum Gebet.

Das Verfahren geht glimpflich aus für Stefan D. Wäre das Landgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt, hätte es ihn als Mörder lebenslänglich hinter Gitter geschickt. Doch einen kaltblütigen Killer sah die Kammer in dem dreifachen Familienvater offenbar nicht. Es war "nur" Totschlag, für den sie ihn gestern zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt hat.

In einer Homosexuellen-Bar begegnen sich Johannes T. und Stefan D. Mitte 2007 zum ersten Mal. Der Bulgare sucht Arbeit in Hamburg, den Lohn will er seiner bettelarmen Familie schicken. Und Stefan D. hat Glück: T. hat einen Job für ihn. Er könne in seiner Wohnung in der Bundesstraße arbeiten und schlafen. Zwei Etagen bewohnt T. dort, vorne ein Antiquitätengeschäft, in dem er alte Porzellanfiguren und Menagen verkauft. Für zehn Euro pro Stunde soll D. "anstreichen, kochen und tapezieren". Der homosexuelle 63-Jährige, so die Kammer, teilt sich mit dem Angeklagten sogar ein Bett. Sie schlafen miteinander. Das hatte der Bulgare vor Gericht aber stets bestritten. Er habe die Avancen von T. als "erniedrigend" empfunden. "Entehre mich nicht, ich will nur bei dir arbeiten", habe er T. gesagt.

Nicht nur deshalb kracht es zwischen ihnen. Immer wieder streiten sie um den Lohn, den T. gelegentlich einbehalten haben soll. Johannes T., das hat eine Nachbarin ausgesagt, gilt zudem als penibel, kleinkrämerisch und cholerisch. Am 28. März fasst D. einen Entschluss: Er will sich von seinem Arbeitgeber trennen und fordert den ausstehenden Lohn ein. Doch der Antiquitätenhändler weigert sich zu zahlen, verlangt möglicherweise Sex. Darüber kommt es zum Streit, der gegen Mitternacht in einem wüsten Handgemenge in T.s Wohnung gipfelt. Nach Feststellung des Gerichts schlägt Stefan D. ihm erst einen Zahn aus, dann erwürgt er ihn im Arbeitszimmer. Danach versucht der Bulgare vergeblich, eine Geldkassette zu knacken. Wenige Stunden später stellt er sich der Polizei.

Die Kammer stuft das Geständnis des Angeklagten als weitgehend glaubwürdig ein. Dafür hatte seine Verteidigerin in ihrem Plädoyer engagiert geworben. Ihr Mandant sei "kaum in der Lage zu abstrahieren" und bringe nicht die "intellektuelle Ausstattung" mit, um ein Geständnis so zu frisieren, dass es sich für ihn auszahlt. Die Version der Staatsanwaltschaft unterschied sich jedoch derart von den Aussagen von D., dass seine Anwältin argwöhnte, "dass mit aller Macht Mordmerkmale für einen Mordvorwurf konstruiert werden sollen". Glaube man seinen Aussagen, ließe das eine Verurteilung wegen Mordes aus Habgier nicht zu. "Doch alle Zweifel hinsichtlich des Tathergangs sind nicht ausgeräumt", sagt der Vorsitzende. Für die Staatsanwaltschaft ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Sie erwägt, in Revision zu gehen.