Jens Meyer-Odewald fragt spontan Menschen, was sie gerade bewegt, lädt sie auf einen Kaffee ein und lässt sie erzählen. Heute: Abiturient Christoph Tatje

Das Wahllokal an der Haubachstraße in Altona steuert er mittags an - gemeinsam mit den Eltern. Ein Eiskaffee danach kann nicht schaden. Wegen des formidablen Frühherbstwetters, aber auch wegen der Nacht zuvor: Gemeinsam mit Freunden feierte Christoph Tatje im "Bolero" in den Wahltag hinein. Ob die Farbe seines Lieblingscocktails (Strawberry Daiquiri) im Einklang mit der favorisierten Partei steht, soll der 20 Jahre alte Abiturient jetzt nicht gefragt werden.

Die Antwort nach dem Interesse an der Res publica gibt Christoph nach dem ersten Schluck von sich aus: "Es ist meine erste Bundestagswahl, und da muss die Positionierung des Kreuzes wohlüberlegt sein." Die Parteiprogramme waren Pflichtlektüre. Die Ursache dieser besonderen Anteilnahme am öffentlichen Geschehen folgt sofort: Der gebürtige Hamburger will Kulturwissenschaften studieren. Nebenfach Politik. Donnerstag steigt die Vorlesungspremiere. Punkt acht Uhr in Lüneburg.

"Ich freue mich darauf", fährt er fort. Wenn auch die Monate zwischen Abi und Teil zwei des ernsten Lebens nicht schlecht waren. So blieb herrlich Freiraum für Hobbys: Computer, Mails mit Freunden in aller Welt, Kultur, Joggen an der Alster, Fitnesscenter - und intensive Klönschnacks. Christoph Tatje hat die Größe, mit einem Lächeln zu einer Ehrung zu stehen, die nicht jedem Mann zuteil wird. Im Kaifu-Gymnasium wurde er just zur "Tratschtante des Jahres" gewählt. Der Spieß kann umgedreht werden: Der Junge ist ein Meister der Kommunikation.

Der nicht davor zurückschreckt, in die Hände zu spucken. Das Geld für abendliche Barbesuche verdient sich Christoph an der Kasse im Supermarkt und durch das Verteilen von Infozetteln für die Hamburger Verbraucherzentrale.