Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken: Schon bald treibt uns die dunkle Jahreszeit in des Wohnzimmers warme Heimeligkeit.

Hamburg. Schnell noch raus, der bunten Natur zum Abschied winken. Wenn heute um 7.10 Uhr die Sonne aufgeht, begrüßt uns Mischwetter mit kaum mehr als zehn Grad. Warm anziehen ist angesagt. Seit gestern um 23.17 Uhr ist Herbst, kalendarisch zumindest. Das ist erst der Anfang: Fortan nehmen die Temperaturen kontinuierlich ab, und die lichten Tage werden zusehends kürzer - morgen sind's schon fünf Minuten weniger Tageslicht.

Ein Grund mehr, dem bewährten Motto ausgeschlafener Lebenskünstler zu folgen: Carpe diem! Nutze den Tag. Zum Beispiel mit ausgedehnten Spaziergängen durch Hamburgs Version des Indian Summer. In den kommenden Wochen, bis die Bäume kahl sind und der November-Blues Einzug in die Seele hält, lädt ein Feuerwerk der Farben zum bewussten Rendezvous mit der Natur. Wenn Parks, Wälder und Gärten in Gelb, Gold, Ocker und Flammenrot leuchten, ist das ein Signal für herbstliche Gefühle. "Herr, es ist Zeit", dichtete Rainer Maria Rilke vor rund hundert Jahren. "Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los."

Ein willkommener Anlass auch für unsportliche Väter, gemeinsam mit dem Nachwuchs einen Hauch Abenteuer zu erleben. Rascheln und Knistern begleiten jeden Schritt. Auch wer das Gen der Urahnen als Jäger und Sammler in sich spürt, kann sich an frischer, anregend würziger Luft austoben. Die Ernte von Kastanien, Eicheln oder Bucheckern kann daheim kreativ in dekorative Kleinode verwandelt werden: Manche Familien hegen im Wohnzimmer Herden selbst gebastelter Kunststücke, vom Reh bis zum mit Streichhölzern gespickten Igel.

Auch mit Kürbissen lässt sich eine Menge anfangen - schon weit vor Halloween. Schließlich weiß der Volksmund: Der Herbst deckt den Tisch. Erntedank steht vor der Tür. Passend zur inneren Stimme, wohl auch eine Art Ur-gen, die dem Großhirn fortan verstärkt befiehlt: Winterpolster anlegen! Besonders Liebhabern barocker Lebenslust erscheinen die drei Herbstmonate als permanenter Kampf mit dem inneren Schweinhund. Auch wenn der Winter noch der Gipfel ist ...

Birnen, Bohnen und Speck oder Grünkohlspeisen sind typische Gerichte dieser Jahreszeit. Wohl dem, der Widerstand leistet oder den Pfunden sportlich Paroli bietet. Natürlich kann das persönliche Programm im anstehenden Monatstrio noch kontrastreicher aussehen. Gerade wenn Dunkelheit und Kälte die Oberhand gewinnen, lechzt die Seele nach Streicheleinheiten. Lösungen sind lauschige Teestunden im Freundeskreis, ganz persönliche Rendezvous mit einem guten Buch oder Besuche in einer Wohlfühloase. Wellness macht nicht nur Frauen, sondern auch müde Männer auf angenehme Weise wieder munter. Leitspruch: Sich selbst gönnen können.

Schlaue Zeitgenossen nehmen sich jetzt mehr denn je Schönes vor. Als gezielte Reaktion auf die biologische Programmierung. Weil weniger Sonnenlicht nicht nur an Blättern Spuren hinterlässt. Im Herbst wird im Körper verstärkt das Hormon Melatonin ausgeschüttet. Produktionsort ist die Zirbeldrüse, und Mattigkeit kann eine Folge sein. Parallel mangelt es an Serotonin, einem sogenannten Glücks- oder Gute-Laune-Hormon.

Apropos Hormone: Nicht nur bei Hirschen beginnt nun die Brunftzeit. Erwiesen ist, dass bei Männern im Herbst das Sexualhormon Testosteron rasant ansteigt. Statistisch gesehen werden bis Winteranfang erheblich mehr Kinder gezeugt als zu anderen Jahreszeiten.

Fazit: Frühlingsgefühle können auch im Herbst keimen. Man muss sie nur lassen.