Anne Altmann wollte lange nichts mit Kirchen zu tun haben. Jetzt erlebte sie eine positive Überraschung.

Hamburg. Die Nacht der Kirchen? Das ist eigentlich nichts für mich, dachte sich Anne Altmann (Name geändert). Nicht zuletzt wegen einer besonders strengen katholischen Erziehung hatte sie der Kirche vor Langem den Rücken zugewandt. Am Sonnabend entschloss sich die Langenhornerin spontan, an der ökumenischen Veranstaltung teilzunehmen - und war überrascht.

Wegen der schönen Atmosphäre wollte sie mit den Alsterdampfern fahren: Bis Mitternacht bringen sie die Kirchennacht-Besucher zu den zehn Gotteshäusern, die rund um die Alster liegen. An Bord gibt es Musik, die Gelegenheit, mit anderen ins Gespräch zu kommen, und einen fantastischen Ausblick auf die Lichter der Stadt, die sich nach Anbruch der Dunkelheit im schwarzen Wasser spiegeln.

Los geht's am Anleger vor dem Atlantic. Als sich das Schiff nähert, sind Jazzklänge zu hören. Zwei Saxofonistinnen spielen "Take Five". "Nicht schlecht", findet Anne Altmann. Am Fährdamm steigt sie aus. Bis zur St.-Johannis-Kirche in Harvestehude ist es nur ein kurzer Fußmarsch. Vom Wasser aus hat sie deren Silhouette vor dem vom Sonnenuntergang orange gefärbten Himmel bewundert. In der neogotischen Kirche tritt gerade die Big Band des Wilhelm-Gymnasiums auf. "Was für ein Unterschied zur Kirche meiner Kindheit", sagt die Katholikin. "Bei uns hatte Ruhe zu herrschen."

Weiter geht's mit der "Bredenbek" zum Anleger Mühlenkamp. Hier sind gerade keine Musikanten an Bord. Dafür aber Hans-Jürgen Benedict, einer der Begleiter, die auf jedem Schiff mitfahren, um die Gäste über das Programm in den angesteuerten Kirchen zu informieren. Er summt ein paar Takte aus dem Walzer "Mondschein über der Alster" und sorgt auf seine Weise für musikalische Unterhaltung. In der Heilandskirche am Winterhuder Weg hört sich Anne Altmann kammermusikalischen Rock-Pop an, dann macht sie sich auf den Weg nach St. Johannis in Eppendorf - diesmal spielen zwei junge Männer Gitarre und singen dazu.

Beim Durchblättern eines ausliegenden Programmhefts sagt Anne Altmann überrascht: "Das Angebot ist wirklich sehr abwechslungsreich. Ich finde es gut, dass die Kirche mit solchen Aktionen auf sich aufmerksam macht und sich von ihrem verstaubten Image befreit." Am Jungfernstieg beendet sie ihre erste "Nacht der Kirchen". Vielleicht ist es nicht ihre letzte gewesen. Der Anleger ist voll, viele der insgesamt 67 000 Besucher haben sich für diese stimmungsvolle Art der Kirchenerkundung entschieden.