Jens Meyer-Odewald fragt spontan Menschen, was sie gerade bewegt, lädt sie auf einen Kaffee ein und lässt sie erzählen. Heute: Rechtsanwalt Rembert Müller

Herrlich, wenn sich der Spätsommer von seiner bunten Seite zeigt. Sagt sich auch Rembert Müller und tritt an der Außenalster sachter in die Pedale. Haltepunkt Bodos Bootssteg. Nicht zum Verschnaufen, das hat der fitte Mann nicht nötig, sondern um Ausschau zu halten.

"Diese Fahrradtouren sind ein idealer Weg, Distanz zu schaffen", sagt der 63-jährige Jurist. Denn man könne Stress abstrampeln. Eine Übung, die Müller seit zwei Jahrzehnten lustvoll absolviert: sieben Kilometer zwischen Haus in Groß Borstel und Harvestehuder Kanzlei. Seine Erfahrung: "Schnell sieht die Welt ganz anders aus."

In der privaten sei alles stimmig. Mit Ehefrau Thekla, mit vier erwachsenen Kindern, mit zwei Enkeln. Tochter Johanna wird bald heiraten. Auch beruflich, fährt der Familienrechtler und Mediator fort, sei alles im grünen Bereich. Der Beruf, welch Glück, sei zwar arbeitsintensiv, indes erfüllend. Er erfordere hohen menschlichen Einsatz und bisweilen vier Ohren. Für die Kunst des Zuhörens.

Rembert Müller stellt seine Tasse ab. "Geht die Freiheit bei uns verloren?" fragt er sich - oft selbst. Schritt auf Schritt bleibe Eigenverantwortung auf der Strecke. Und der Ruf nach dem Staate werde immer lauter. Der Blick auf die kleinen Jollen am Steg lenkt ab. Am Wochenende wollen die Müllers mit ihrem 30 Jahre alten Folkeboot auf der Schlei segeln. "Das macht die Seele frei", meint er, steigt aufs Rad und steuert das Büro an.