Krisen machen Kanzler, darüber konnte sich auch Gerhard Schröder (SPD) freuen, nachdem er so schlau war, 2002 als erster Politiker mit Gummistiefeln und Regenjacke das überflutete Ostdeutschland zu inspizieren.

Auftrieb bei Hochwasser erhielt auch Helmut Schmidt, als er 1962 mit seinen Rettungsplänen für die überschwemmte Hansestadt brillierte. Nur, dass der damalige Innensenator darauf verzichtete, wie ein Deichgraf in Gummistiefeln vor laufenden Kameras zu posieren. Vielleicht kündigte sich damals schon an, dass der Erfolg des kühlen Denkers außergewöhnlich nachhaltig sein sollte.

Es gab viele Krisen, in denen "Schmidt Schnauze" glänzen konnte. Die Studentenproteste 1968, die Guillaume-Affäre, nicht zuletzt auch den Terror der RAF im Deutschen Herbst. Anstelle blendender Auftritte in der Öffentlichkeit gelang es ihm, mit Analysen zu punkten, sogar in Wirtschaftsfragen. Mit dieser Überlegenheit zu kokettieren, das genügt seiner ausgeprägten, ziemlich spröden Eitelkeit.

Der ehemalige Macher ist längst zum Mahner und Zurechtweiser geworden. Nicht zu vergessen, dass Schmidt lange vor dem Zusammenbruch der Lehman Brothers in der "Zeit" darauf hinwies, man solle die internationalen Finanzmärkte im Auge behalten. Während viele etablierte Politiker - auch der SPD - die bereits vorhandene Finanzmarkt-Kritik, wie sie beispielsweise Attac formulierte, überheblich belächelten, war Schmidt informiert genug, diese Erkenntnisse frühzeitig zu begreifen und vor allem auch anzuerkennen.

Fast jeder mag heute Helmut Schmidt, sogar als politisch korrekt gilt er mittlerweile vielen. Doch bei all dem Lob: Wer hat die Idee der multikulturellen Gesellschaft einst als "Illusion Intellektueller" abgetan? Richtig, es war Helmut Schmidt, der Pragmatiker.