Sie kaufen für rund 18 Millionen Euro im Jahr in der Hamburger Innenstadt ein. In vielen Geschäften wird Russisch gesprochen.

Hamburg. Immer mehr wohlhabende Russen reisen zu Shoppingtouren in die Hamburger Innenstadt. "Fast schon jeder zehnte Euro, der von ausländischen Touristen im City-Einzelhandel ausgegeben wird, kommt von russischen Reisenden", schätzt Ulf Kalkmann, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelsverbandes, umgerechnet rund 18 Millionen Euro pro Jahr. "Kunden aus Osteuropa werden immer bedeutender. Es ist eine kleine Gruppe mit sehr viel Geld." Vor allem die Luxusgeschäfte am Neuen Wall und an den Hohen Bleichen profitieren davon. "Die Marke spielt eine große Rolle", sagt Citymanagerin Brigitte Engler von der Handelskammer.

Eine russische Dame mit sehr blonden Haaren und einem Oberteil in Leopardenoptik verlässt gerade die Nobelboutique an den Hohen Bleichen. Mit einer großen weißen Tüte, auf der "Prada" steht, schlendert sie mit ihrer Freundin Richtung Neuer Wall.

Während die Ehemänner geschäftlich in Hamburg zu tun haben, gehen die Damen shoppen. Zugeben wollen sie das nicht so gern: "Nein, shoppen ist das doch nicht", sagt Liudmilla Zaytseva (53) aus Moskau und hält zwei "kleine Prada-Tüten" in der Hand. Es scheint ihr unangenehm zu sein. "Die Preise hier liegen nun mal 20 bis 30 Prozent unter denen in Russland", sagt sie auf Englisch. Zu verstehen ist sie nur sehr schlecht.

In den vergangenen zwölf Monaten haben russische Touristen allein bei Hamburger Vertragspartnern von "Global Refund" für mehr als acht Millionen Euro eingekauft, sagt Sprecherin Bettina Chilla. Zu den Refund-Partnern gehören unter anderem hochpreisige Bekleidungsgeschäfte. Global Refund erstattet Nicht-EU-Touristen die 19 Prozent Mehrwertsteuer zurück. "Aufgrund der Wirtschaftskrise liegt diese Zahl zehn Prozent unter der Vorperiode." Damit befinde sich Hamburg im gesamtdeutschen Trend. Chilla: "Insgesamt haben ausländische Touristen in den vergangenen zwölf Monaten unseren Service in Hamburg rund 100 000-mal in Anspruch genommen. Davon entfiel ein Viertel auf russische Touristen."

Um sich besser auf ihre Kunden einstellen und somit auch mehr verkaufen zu können, haben viele Einzelhändler russischsprachige Verkäufer eingestellt. Olga Azima-Erkes (31) zum Beispiel kommt aus St. Petersburg und verkauft Edelhandys bei Vertu am Neuen Wall. "Wir haben sehr viele russische Kunden", sagt sie. Und diese freuen sich, in ihrer Muttersprache reden zu können. Auch bei Gucci am Neuen Wall wird Russisch gesprochen, ebenso bei Mont Blanc, bei Unger, Budapester Schuhe oder bei Hermès: Rainer Schaffer von Hermès. "Es spricht sich unter den Russen sehr schnell rum, in welchen Läden ihre Sprache gesprochen wird. Englisch sprechen sie nur selten." Auch im Alsterhaus und bei Karstadt an der Mönckebergstraße gibt es russischsprachige Verkäufer.

Gerade hat die Handelskammer ein Seminar zum Umgang mit russischen Kunden gegeben. "Was teuer ist, ist gut", heißt es in den Seminarunterlagen. "Die Mentalität ist bei uns anders. Die Deutschen fragen nach der Technik. Den Russen ist das Aussehen wichtiger", sagt Azima-Erkes. Ein weiterer Unterschied: "Die Deutschen überlegen dreimal. Der Russe kauft nach dem Motto: gesehen, gekauft."