Viele Hamburger haben Großes geleistet. Eine Auswahl von 60 Prominenten, die die Bundesrepublik in den vergangenen 60 Jahren nachhaltig politisch, wirtschaftlich, kulturell oder sportlich geprägt haben, steht deshalb in sechs Kategorien zur Abstimmung. Täglich stellt das Abendblatt eine andere Kategorie vor. Wer ist Ihr Favorit? Geben Sie im Internet Ihre Stimme ab. Und auch Sie können ein Gewinner sein ...

Hans Albers

Er liebte sein Schifferklavier - spielen konnte er es jedoch nicht. Hans Albers, der blonde und blauäugige Mythos von St. Pauli, gehört zur Reeperbahn wie kein anderer. Hans Albers, der zum Inbegriff des Hamburgers wurde, hat den größten Teil seines Lebens jedoch in Berlin und Bayern verbracht. Die Anfänge waren hart, der Beginn der großen Schauspielerkarriere mühsam. Albers galt als einer, der weder für noch gegen die Nationalsozialisten war. Die NS-Ideologie zog ihn kaum an, er interessierte sich vor allem für seine Karriere. International bekannt wurde der "blonde Hans" noch während des Krieges - als "Lügenbaron" im Film Münchhausen. Viele seiner Nachkriegsfilme sind auch heute noch legendäre Filmklassiker. Spätestens wenn die unverwechselbare Stimme "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" singt, wissen alle, um wen es geht.

Evelyn Hamann

An der Seite von Loriot wurde sie bekannt, in Erinnerung ist sie vielen aber auch als skurrile Hobby-Detektivin Adelheid: Die Schauspielerin Evelyn Hamann wurde 1942 in Hamburg geboren. Prägend für ihre Karriere ist die Zusammenarbeit mit Vicco von Bülow, alias Loriot. An seiner Seite spielte sie von 1976 bis 1979 bei "Loriot I-VI" jene Rollen, die sie berühmt gemacht haben. Auch die Kinofilme "Ödipussi" und "Pappa ante portas" sorgten für Aufsehen. Ein Millionenpublikum lernte die Schauspielerin in Serien wie "Das Traumschiff", "Der Landarzt", "Die Schwarzwaldklinik" oder Krimis wie "Der Alte" und "Tatort" kennen. Später schlüpfte sie in der Reihe "Geschichten aus dem Leben" in immer neue Hauptrollen. Mit der Serie "Adelheid und ihre Mörder" wurde sie zur Kult-Figur. Bis zu ihrem Tod 2007 lebte sie zurückgezogen in Harvestehude.

Ida Ehre

Sie war die Mutter Courage des Hamburger Nachkriegstheaters. Ida Ehre (1900-1989) eröffnete 1945 die Hamburger Kammerspiele im Haus des ehemaligen Jüdischen Kulturbundes in der Tradition Erich Ziegels als "ein Theater der Menschlichkeit und Toleranz". Die Schauspielerin, Regisseurin und Intendantin hat das Berufsverbot, die NS-Verfolgung und Inhaftierung im KZ-Fuhlsbüttel überlebt. Sie zeigte Stücke der zuvor verbotenen modernen Weltdramatik, machte die Hamburger mit Jean Anouilh, Jean-Paul Sartre oder Thornton Wilder ("Wir sind noch einmal davongekommen") bekannt. Ida Ehre, erste Ehrenbürgerin der Stadt und Trägerin des großen Bundesverdienstkreuzes, war vehemente Pazifistin. 1947 brachte sie die Uraufführung von Wolfgang Borcherts Drama "Draußen vor der Tür" heraus. Vor 50 000 Zuschauern sprach sie 1983 Borcherts Aufruf "Mütter, sagt nein!"

Heidi Kabel

Sie verkörperte das Ohnsorg-Theater. Heidi Kabel, eine der bekanntesten Volksschauspielerinnen, wurde 1914 in Hamburg geboren. Mit gerade einmal 19 Jahren trat sie zum ersten Mal bei der "Niederdeutschen Bühne", dem heutigen Ohnsorg-Theater, auf. In insgesamt 64 Jahren an dem Kulthaus verkörperte Kabel in mehr als 160 plattdeutschen Stücken abgearbeitete Hausfrauen, keifende Hausdrachen oder Mütter. Über Hamburgs Grenzen hinaus populär wurde Kabel durch die Ausstrahlung der Ohnsorg-Aufführungen im Fernsehen. Erst mit 84 Jahren nahm Kabel Abschied von der Bühne ihres Theaters. Die Schauspielerin hat aus der Ehe mit dem 1970 verstorbenen Regisseur Hans Mahler zwei Söhne und Tochter Heidi, die ebenfalls zum Ohnsorg-Ensemble gehörte. Heute lebt die Großmutter von fünf Enkeln in einer Seniorenresidenz.

Heinz Erhardt

Seine Themen waren so harmlos wie sein Aussehen, sein Wortwitz genial, sein Blödsinn Kunst: Heinz Erhardt, der stets korrekt gekleidete Biedermann der Adenauer-Zeit. Altmodisch, spießig und deshalb Kult. Unvergessen sind seine zahllosen, auf hintersinnigen Wortverdrehungen basierenden Gedichte. Und seine Filme. Es sind keine cineastischen Meisterwerke, aber sie haben einen eigentümlichen Charme und einen simplen Witz, der Generationen verbindet. Auch viele Szenen seiner im Fernsehen übertragenen Bühnenauftritte sind unvergessen. Wie er das applaudierende Publikum mit "Ich danke ihnen für das Geräusch" begrüßt, sich über den Kopf fährt ("Ich trage mein Haar heute offen"), sich selbst mit "Was bin ich wieder für ein Schelm!" belobigt und mit "Noch'n Gedicht" zum nächsten Sketch überleitet - all das erklärt, warum sein Werk unverwüstlich ist.

G. Gründgens

Weil Gustaf Gründgens, der gebürtige Düsseldorfer, auch Hendrik Höfgen ist, kennt seinen Namen heute noch jeder, der als Schüler einen Deutsch-Leistungskurs belegt hat. Höfgen ist die Gründgens nachempfundene Hauptfigur in Klaus Manns "Mephisto". Mann entlarvte seinen ehemaligen Schwager als skrupellosen Opportunisten im Dritten Reich, nach einem Einspruch von Gründgens' Adoptivsohn blieb der Roman jahrzehntelang verboten. Der Schauspieler Gründgens war ein ganz großer, und als Generalintendant am Deutschen Theater in Hamburg (ab 1955) führte er das Haus auf ein neues Level. Es waren Gründgens' beste Jahre. Für das Theater und auch das Fernsehen gab er auch noch einmal seine Paraderolle: die des Mephistopheles in Goethes "Faust". Er spielte den teuflischen Verführer seit 1922 über 600 Mal. Als Theaterfigur war er von epochaler Bedeutung.

Jan Fedder

Jan Fedder wird verlässlich immer dann gebucht, wenn ein hanseatischer Dickschädel mit Herz gesucht wird. Wie der Bauer Kurt Brakelmann in "Neues aus Büttenwarder". Oder der Kommissar Dierk Matthies im ARD-"Großstadtrevier". Für diese Rolle ist Fedder zum Ehren-Kommissar der Hamburger Polizei ernannt worden. Der 54-Jährige mit den grauen Koteletten und dem Hamburg-Slang steht derzeit zum dritten Mal in einer Romanverfilmung von Siegfried Lenz vor der Kamera: Nach "Das Feuerschiff" und "Der Mann im Strom" dreht er "Die Auflehnung". Seine erste große Rolle spielte Fedder 1981 in Wolfgang Petersens "Das Boot"; 2006 gewann er den Deutschen Fernsehpreis. Fedder, Sohn eines Kneipiers und einer Tänzerin, wohnt seit gut 40 Jahren auf St. Pauli und bereichert gern Drehbücher mit eigenen Sätzen: "Ich hole mir alles für meine Rollen von der Straße."

Inge Meysel

"Frei heraus - mein Leben!" Dieser Titel ihrer Autobiografie spiegelt Inge Meysels Lebensmotto wider: Gradlinig und offenherzig, manchmal unbequem, gelegentlich burschikos meldete sich die gebürtige Berlinerin immer zu Wort, wenn es ihr gefiel. Kein Wunder, dass "die" Meysel gefragte Diskussionspartnerin für streitbare Talkshows war - auch wenn es um Frauenrechte, Politik oder Alltagsthemen ging. Ihr Spitznamen als "Mutter der Nation" bezog sich auf die Darstellung einer Portiersfrau in dem Fernseh- und Theaterspiel "Das Fenster zum Flur". Nachdem Inge Meysel während des Kriegs als Sekretärin in einer Munitionsfabrik gearbeitet hatte, erhielt sie 1945 ein Engagement am Thalia Theater. Es folgte eine großartige Karriere auf anderen Bühnen und immer öfter im Fernsehen. Am 23. Juli 2007 wurde eine couragierte Persönlichkeit auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.

Gerda Gmelin

"Das kann Gerdachen machen, die ist ja sowieso da", meinte Helmuth Gmelin, Gründer und Direktor des Theaters im Zimmer. Nach seinem Tod 1959 übernahm Gerda Gmelin (1919-2003), eher gezwungenermaßen, wie sie zugab, vom Vater die weiße Theatervilla an der Alsterchaussee. Als Schauspielerin, Regisseurin und Prinzipalin verteidigte "die Gmelin" mit ihren Kollegen streitbar die einzigartige, starke Hamburger Privattheater-Tradition. Sie brachte als erstes Theater Beckett, Ionesco, Pinter und Koltès auf die Bühne, die für viele Regisseure und Schauspieler ein Sprungbrett waren. Darunter Michael Kehlmann, Boy Gobert, Ulrich Wildgruber, Helga Feddersen, Daniela Ziegler und Evelyn Hamann. Mit der "Jodelschnepfe" lieferte sich "Winselstute" Gerda Gmelin für Loriots Sketche komischen Zickenkrieg, bleibt jedoch unvergessen als Pinters "Hausmeister" und Becketts "Winnie".

Will Quadflieg

Unzählige Rollen hat er gespielt, in Film, Fernsehen und Theater, Platten aufgenommen, Rezitationsabende gegeben. Will Quadflieg (1914-2003) hatte den Ruf eines Schauspielers mit exzellenter Sprechkultur, Schauspielkunst war für ihn "Vollendungskunst". Doch am stärksten bleibt sein Name mit Goethes "Faust" verbunden, den er in der Inszenierung von Gustaf Gründgens verkörperte. Die größten Bühnenschauspieler deutscher Sprache begegneten sich 1957/58 in den größten deutschen Rollen: Faust und Mephisto (Gründgens). Quadflieg war nach dem Krieg nach Hamburg, ans Deutsche Schauspielhaus gekommen. In den 30er- und 40er-Jahren war er der jugendliche Charakterdarsteller. Im Alter hatte der von den Hamburgern verehrte Schauspieler, eine zweite Karriere am Thalia Theater. Auch hier in Heldenrollen.