Uwe Schneider war 20 Jahre lang obdachlos. Bis der Soziologiestudent Ole Seidenberg diese Idee mit einem Internet-Blog hatte.

Hamburg. Uwe Schneider lebte 20 Jahre lang als Obdachloser - bis er im vergangenen Winter Ole Seidenberg anbettelte. Er warb um Spenden über einen Internet-Blog und fand für ihn eine Wohnung. Uwe Schneider steht am Fenster seiner Wohnung im siebten Stock. Die Sonne scheint auf den grauen PVC-Fußboden und an die kahle, weiße Wand. Eben ist Uwe Schneider in seine Wohnung in Barmbek-Nord eingezogen - es ist seine erste seit mehr als 20 Jahren. Er blickt über seinen Balkon in Richtung Horizont. "Dort hinten, wo der Fernsehturm steht", sagt er.

"Dort habe ich eine Zeit lang Platte gemacht."

Seit 1988 war Uwe Schneider obdachlos. Die letzten Jahre war sein Schlafplatz ein Kaufhauseingang an der Spitalerstraße. Er hat sich mit HIV infiziert und sein Essen erbettelt. Uwe Schneider hat jetzt ein neues Leben begonnen. Jeder erkennt es an dem Schlüsselbund, den er sich an den Reißverschluss seiner Sportjacke gehängt hat.

Zwischen dem neuen und dem alten Leben von Uwe Schneider liegen sieben Monate und eine Begegnung mit dem Studenten Ole Seidenberg. "Hast du mal `nen Euro?", hat Schneider den Studenten angebettelt, an einem sonnigen Wintertag an der Spitalerstraße.

Es war kurz nach Schneiders 44. Geburtstag. Die beiden kamen ins Gespräch, Seidenberg lud ihn zum Essen ein, hörte Schneiders Geschichte - und beschloss, ihm zu helfen. "Ich dachte, dass Ole sowieso nicht wiederkommt", sagt Schneider. Ole kam wieder, gleich am nächsten Tag. Mit 60 Euro in der Hand.

Er hatte einen Internet-Blog eingerichtet, auf dem er zu Spenden für Schneider aufruft. Seitdem veröffentlicht er kurze Videobotschaften über Schneiders Weg aus der Obdachlosigkeit, macht auf die Not auf der Straße aufmerksam. Knapp 3000 Euro Spenden sind bis heute zusammengekommen. 10 000 Euro haben die beiden schon bei einem Wettbewerb der Körber-Stiftung gewonnen. Geld für Schneiders Traum: Er möchte ein Nachtcafé für Obdachlose gründen. Und Seidenberg will ihm helfen, diesen Traum zu erfüllen.

"Aktion Uwe" nennt er das Projekt. Das Abendblatt und andere Medien berichteten über den Soziologiestudenten und den Obdachlosen. Aus dem "Projekt Uwe" wird nach und nach eine Freundschaft. "Ole war der erste Mensch seit Langem, zu dem ich Vertrauen aufbauen konnte", sagt Schneider.

Das Leben auf der Straße bringe nicht nur Kälte, sondern auch Misstrauen und Skepsis mit. "Ich wurde oft von Menschen enttäuscht", sagt er.

Zweimal hatten die beiden bei der Suche nach einer neuen Wohnung für Schneider Pech. Bei der Saga/GWG nicht. Die Arbeitsagentur zahlt jetzt die Miete. "Von meinen Kumpels auf der Straße hat mir das niemand zugetraut", sagt Schneider.